Leserbrief zu Kronprinzessin Luise (ELBHANG KURIER Juli 2017)

Mein Onkel Max Opitz, geboren etwa 1880, wuchs als Vollwaise im Marienhof auf, dem damaligen Waisenhaus in Dresden-Trachenberge. Selbst in meiner Kindheit nannte man es noch »Erziehungsanstalt« (»wenn Du nicht folgst, kommst Du in den Marienhof!«). Das Regime war dort wohl ziemlich streng. Er erlernte dort den Tischlerberuf.

Das Foto zeigt unsere Familie zu Weihnachten 1939. In der Mitte Onkel Max, ganz rechts der damals dreijährige Autor des Leserbriefes

Und eines Tages wurde er zum Patenkind der Kronprinzessin Luise erwählt, wie einige andere Waisenkinder auch. Luises Interesse an ihren Zöglingen war wohl Ausdruck ihres sozialen Engagements und trug zu ihrer Beliebtheit im Volke bei. Onkel Max fühlte sich ihr natürlich besonders verbunden. Nach ihrer »Abreise« nach Italien schrieb er ihr deshalb einen langen Brief, in dem er seine Trauer und den Wunsch nach ihrer Rückkehr ausdrückte.

Nach einiger Zeit erhielt er von ihr eine Postkarte aus Italien. Als Text stand darauf in schwungvoller Handschrift lediglich : Huldvollst – Luise. Die Karte war lange in unserem Familienbesitz, und ich habe sie immer bewundert. Irgendwann war sie aber verschwunden. Ich habe viel später Horst Milde gefragt; in seiner großen Sammlung Dresdner Postkarten, aber war sie ihm wohl nicht begegnet.

Aber Onkel Max hat später auch Luises Mann, den letzten König von Sachsen, Friedrich August III., getroffen. Und das kam so:

Max arbeitete vor dem Ersten Weltkrieg als Straßenkehrer in der Dresdner Innenstadt. Er  und zwei Kollegen richteten es wenn möglich so ein, um eine bestimmte Zeit morgens dort am Schloss zu kehren, wo der König zu seinem Morgenspaziergang regelmäßig auf die Straße heraustrat, natürlich in Zivil und ohne jede Begleitung. Wenn er kam, standen sie militärisch stramm und präsentierten ihre Besen. Darauf der »Geenig« in seiner bekannt leutseligen Art: »Na, habt ihr denn ooch gedient?«

Und jeder nannte dann sein Regiment. Bei Onkel Max waren das die Freiberger Jäger. Darauf der König: »Und  habt ihr denn schon gefrühstückt?« Das wurde natürlich verneint und mit 1 Mark belohnt, was damals für drei Mann für ein fürstliches Frühstück ausreichte. (Die Monarchie war wohl noch lange in Sachsen sehr populär.)

Klaus Gebhardt

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