Die Minimalvariante einer schönen Idee
Die von der Grundstraße kommende „Trille“ gehörte bis 1925 zum Leben am Dorfplatz Loschwitz. Kleine Brücken führten über den Graben zu den Häusern, auch zur „Senfbüchse“, dem Joseph-Herrmann-Denkmal, gelangte man nur über einen Steg. Dieser kleine Bach konnte aber auch zum Ungeheuer werden und die Loschwitzer waren froh, als er kanalisiert wurde. Unter der Erde war die „Trille“ weit weniger gefährlich.
Dass der Bach so auch über viele Jahrzehnte zur Einleitung der Abwässer genutzt wurde und meistens aus den Gullideckeln stank, ist ein unrühmliches Kapitel. Ein bis zweimal im Jahr meldet er sich noch, wenn der Kanal bei starken Regenfällen nicht ausreicht. Dann strömt das Wasser die Grundstraße hinunter und direkt auf die Häuser am Dorfplatz zu.
Die Neugestaltung des Loschwitzer Dorfplatzes, ein wichtiges Ziel des „Sanierungsgebietes“, sollte historische Bezüge aufnehmen und einen Ruhepunkt zum hektischen Körnerplatz schaffen. Erste Überlegungen gingen von einer Einbeziehung der Trille in das Straßenbild aus. Die Renaturierung von Bächen und Flüssen in Sachsen ist ein hehres Ziel, doch schon bald zeigte sich, dass die „Trille“ dafür ungeeignet ist.
Die Anwohner kämpften zu recht darum, die „Trille“ im Kanal zu belassen. Das mit dem Entwurf der Dorfplatzgestaltung beauftrage Büro „Stadtprojekt Rogge. Pfau GmbH“ nahm den Gedanken der Einbeziehung eines Bachlaufes trotzdem auf, indem es einen künstlichen, sehr flachen Wasserlauf auf dem Kanal vorsah. Die Idee war bestechend und führte in einer ersten offiziellen Vorstellung im Dezember 2003 zu großer Zustimmung im Ortsbeirat und bei den Anwohnern.
Viele Möglichkeiten einer Gestaltung bot die Variante, doch scheute man eine öffentliche Detail-Diskussion, um sie nicht zu zerreden. Ein reichliches Jahr danach ist sie Geschichte. Im Interessenkonflikt der Ämter und anderer beteiligter Gremien wurde sie aufgerieben. Das Denkmalschutzamt setzte sich vorrangig für eine Pflasterung der Straßendecken, auch der noch nie gepflasterten „Rollerbahn“ ein. Das Grünflächenamt kämpfte um eine Grünfläche, bekam aber nur vier Bäume.
Das Stadterneuerungsamt wollte den Platz vom Verkehr beruhigen, was nur halbherzig gelang – eine Durchfahrt und Parkmöglichkeiten sind weiterhin vorhanden. Für den Ortsverein Loschwitz-Wachwitz sind die Flutsteine von Klaus-Dieter Köhler sehr wichtig. Die Idee eines künstlichen Wasserlaufes hatte keine Lobby, auch die Sanierungsbeauftragten setzten sich dafür nicht ein. Als offizielle Begründung musste das Argument der Unfinanzierbarkeit herhalten, obwohl die Baukosten im Rahmen des Budgets lagen und das Grünflächenamt eine Übernahme der Unterhaltungskosten signalisierte.
So ist aus der letzten Ortbeiratssitzung (nur noch?) über eine Straßenbaumaßnahme mit hohen denkmalpflegerischen Ansprüchen zu berichten: Der gesamte Loschwitzer Dorfplatz, auch ein Teil der jetzt noch bestehenden Grünfläche und die angrenzenden Ausläufer der Friedrich-Wieck-Straße, werden in unterschiedlichen Ausführungen gepflastert. Sechs Kurzzeitparkplätze wird es am Dorfplatz geben. Die Fußwege erhalten Granitplatten, und auch die Stützmauer zur östlich gelegenen Friedrich-Wieck-Straße wird mit Granitplatten verkleidet.
Als „Kompromiss“ zum künstlichen Bachlauf soll der Verlauf der „Trille“ mit einer „Differenzierung im Oberflächenmaterial“ nachempfunden werden, was, schlecht gemacht, auch einen Radweg darstellen könnte. Ein Bord wird vom Fussweg an der Dammstraße zur „Senfbüchse“ gezogen, um Regenwasser bei starken Niederschlägen abzuleiten und um die verkehrsberuhigte Zone zu markieren. Mehrere große Abläufe an der „Senfbüchse“ sollen das Wasser auffangen können.
Die Straßen erhalten Laternen, Sitzmöglichkeiten werden aufgestellt und ein Platz für einen Gedenkstein, der eigentlich aus zwei Plastiken bestehenden „Flutwelle“, ist bereits vorgesehen. Als Höhepunkt einer besonderen Platzgestaltung soll die „Senfbüchse“ mit acht Strahlern abends illuminiert werden. Einem Bauwerk, das noch nie schön war und nach Meinung von Otto Kotzsch, einst Ortsvereins-Vorsitzender, einen anderen Standort erhalten sollte (siehe Seite 9), wird eine überhöhte gestalterische Rolle zugewiesen.
Der Baubeginn für den östlichen Teil der Friedrich-Wieck-Straße ist am 27. Juni 2005, einen Tag nach dem Elbhangfest.