Von Badewannen, Gartenkünstlern, Kunstsammlern und Bikinis
Die Redakteure des Elbhang-Kuriers versprachen im Februarheft 2006, demnächst ihre „Elbhangomanie“ in den Badewannen des restaurierten Lahmannschen „Herrenbades“ auszukurieren. Im gleichen Heft wurde auch an die berühmten Zinkbadewannen des Schwarzenberger Fabrikanten, Kunstsammlers, Dichters, Verlegers, Volkskünstlers und Fotografen Friedrich Emil Krauss (1895 – 1977) erinnert (er erwarb seinerzeit in Dresden ein berühmtes Zwintscher-Gemälde). Zufällig entdeckten wir in Wachwitz im „Garten der Empfindsamkeit“ unseres Lesers Bernd Beyer mehrere einsatzbereite, stilvoll arrangierte Krauss-Badewannen mit dem markanten Krauss-Signet. Bereits in den Zwanziger Jahren hatte der berühmte Ringelnatz solche Wannen mit folgendem „Werbespruch“ bedacht: „Der Name Krauss ist mir ein Schreck – ich bade nie, ich liebe Dreck.“ Dieser bissige Slogan hat wahrscheinlich den Absatz der Krauss-Wannen noch gesteigert, die ansonsten mit folgender hausbackener Empfehlung angeboten wurden: „Dies ist ein Spruch für jedes Haus: Wer Wasser braucht, der braucht auch KRAUSS.“
Da bislang im Lahmannschen „Herrenbad“ nichts geschehen ist, die selbstverordnete EHK-Kur aber unaufschiebbar wurde, entschloss sich die Redaktion zu einem Besuch des zünftig eingerichteten „Wachwitzer Herrenbades“ (das bei passender Gelegenheit auch Damen offen steht). Gleichzeitig sollte damit der nochmalige Protest gegen die Schließung des beliebten Bühlauer Bades artikuliert werden. (In diesen Sommerwochen ist der schmerzliche Verlust an der Bachmannstraße in Bühlau erneut deutlich geworden; die Bade-Lebensqualität am Elbhang hat gelitten, und scheinbar unausweichlich hat die „Daseins-Vorsorge“ der Landeshauptstadt hier versagt. Vielleicht sind wir als Mitläufer der „Spaßgesellschaft“ selbst schuld: anstatt unsere Freizeit im verfallenden Bühlauer Bad zu investieren, verbrachten wir tatenlos ungezählte Stunden vor den Fußball-WM-Bildschirmen.) Da wahrscheinlich im Dresdner Stadthaushalt demnächst siebenstellige Brückenbaugelder übrig bleiben, könnte eigentlich die städtische Bäderkonzeption neu überdacht werden.
Zurück in den „Garten der Empfindsamkeit“: Die empfindsamen Herren der EHK-Redaktion verbanden ihr heilsames Bad in Bernd Beyers Krauss-Badewannen mit dem Gedenken an ein historisches (Bademoden-)Ereignis vor 60 Jahren: Am 5. Juli 1946 präsentierte der Pariser Mode-Designer Louis Réard anlässlich einer Miss-Wahl erstmalig den von ihm entworfenen B i k i n i . Dieses Kleidungsstück musste sich in Bädern und an Stränden erst durchsetzen, ehe es zum Allgemeingut wurde, noch 1968 gab es in bayrischen Bädern ein Bikini-Verbot. Und schon der Dresdner Gelehrte Professor Victor Klemperer war skeptisch, als er 1948 an der Ostsee in sein legendäres Tagebuch ungeschminkt schrieb: „Die pralle Hose, der Busenhalter, die eingequetschte Nacktheit dazwischen. Man könnte darüber homosexuell werden …“. Er hatte wohl verkannt, dass „der Bikini eine Aufgabe ist, die man mit Würde tragen muss“ („Brigitte“ vom 1. März 2006). Ihrer Zeit voraus und auf Wirkung bedacht waren aber im vierten Jahrhundert die Damen auf Sizilien, die, will man antiken Fußbodenmosaiken glauben, als Unterwäsche bereits einen Zweiteiler kannten – aber sicher nicht wissen konnten, an welchem Weltende das Bikini-Atoll liegt.
Die bedauerliche Schließung des Bühlauer Bades hat uns also auf Abwege geführt, aber die EHK-Redaktion ist daraus gestärkt hervorgegangen. Wenn Oskar Zwintscher noch lebte, hätte er die Wachwitzer Bade-Szenerie wahrscheinlich gemalt, in der nahegelegenen „Galerie am Damm“ rahmen lassen und das Ergebnis vielleicht der „Galerie Neue Meister“ geschenkt, die seinerzeit noch nicht über (Moritzburger) Badeszenen aus den „Brücke“-Ateliers verfügte. Wir haben nun wenigstens eine „besondere photographie“…
In eigener Redaktionssache:
Der Press-Punkt, das Büro der Redaktion des Elbhang-Kuriers in Wachwitz, bleibt im Monat August geschlossen.