Die Olympia-Schach-Uhr tickt auch in Blasewitz

Wenn in letzter Zeit der Chef des Bundeskanzleramtes gelegentlich an seinem Blasewitzer Wohnsitz auftauchte, wurde ihm vis-a-vis signalisiert: nicht nur in Berlin, sondern auch in der Schach-Olympiastadt Dresden (und sogar in der Staatsoperette) „spielt die Musik“ in diesen Tagen.

Monika und Manfred Mädler beim Gartenschach am Haus in Blasewitz. Foto: J. Frohse

Monika und Manfred Mädler beim Gartenschach am Haus in Blasewitz.
Foto: J. Frohse

Schachhaus Mädler

Gegenüber im „Schachhaus Mädler“ leuchten seit September illuminierte Schachfiguren auf den Fensterbänken und verwandeln die hiesige Wägnerstraße abends in eine kleine Blasewitzer „Mädlerpassage“ (, die aber zum Leipziger Pendant keinerlei verwandtschaftliche Bezüge hat). Also, in Dresden grassiert vom 12. bis 25. November das Schach-Olympiafieber und hat immerhin 82 Nationen angesteckt, und das hier seit 1996 ansässige „Schachhaus Mädler“ ist daran nicht ganz unbeteiligt. Im Jahre 2004 rief der damalige OB Roßberg nicht „die Jugend der Welt“, aber die internationale Schach-Elite nach Dresden, und alle, alle kommen jetzt.

Viele von ihnen dürften schon vom „Schachhaus Mädler“ gehört haben, denn der ‚Branchenspezialist’ ist weltweit handelnd in 70 Ländern aktiv mit allem, was irgendwie mit dem „Spiel der Könige“ zu tun hat: Figuren und Bretter in allen erdenklichen Größen, Materialien und Varianten, Schachbücher mit Tausenden von Titeln – auch antiquarisch. Schachzeitschriften, Schachprogramme, Schachkunst, Kuriosa etc. Das alles spielt sich im Erdgeschoss des Hauses ab (im ersten Stock logiert die 6000-bändige Schachbibliothek), das die Familie seit über 100 Jahren besitzt.

Schach war schon immer international. Die Meister Wilhelm Steinitz (Prag) und Michail Tschigorin (Moskau) 1880 am Brett in Havanna.   Foto: Sammlung Mädler

Schach war schon immer international. Die Meister Wilhelm Steinitz (Prag) und Michail Tschigorin (Moskau) 1880 am Brett in Havanna.
Foto: Sammlung Mädler

Ursprünglich erwarb es Großvater Heinrich Mädler, der noch als Striesener Schmiedemeister in der Spenerstraße Nachbar von Herbert Wehner und dessen Eltern gewesen war.  Sohn Paul Mädler blieb in der Metallbranche und betrieb bis 1962 eine angesehene Eisenwarenhandlung, ursprünglich in der Blochmannstraße, nach dem Zweiten Weltkrieg in der Wägnerstraße. Schließlich lernte Enkel Manfred (heute ‚Schach-Mädler’, Jahrgang 1934) ebenfalls Eisenwarenhändler – bei „Eisen-Richter“ auf dem Weißen Hirsch und in Bühlau – , ging aber bereits 1951 in den „Westen“, wo er es bis zum Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Eisenwarenhändler brachte.

Dem Schachspiel frühzeitig „verfallen“, führte er seit 1972 ein „Doppelleben“ zwischen Eisenwaren- und Schach-Handel, das in zahlreiche Zusatzfunktionen mündete, u. a. als Schach-Dozent bei der Volkshochschule Düsseldorf (seine gelehrigste Schülerin Monika wurde schließlich seine Frau), als Journalist u. a. für den „Stern“ (Die Schachecke), das „Handelsblatt“ und das „Deutsche Ärzteblatt“ (noch heute ist er Ausrichter der Deutschen Schachmeisterschaft der Ärzte und Ärztinnen) und schließlich als Senior erster internationaler Titelträger im Fernschach aktiv. Bei Letzterem übertrumpft ihn gelegentlich Ehefrau Monika (studierte Diplomchemikerin), die als Favoritin an der noch bis 2009 laufenden Fernschach-Olympiade teilnimmt.

Manfred Mädler (rechts) in Lübeck beim städtischen Pokalausscheid, 1975. Foto: privat

Manfred Mädler (rechts) in Lübeck beim städtischen Pokalausscheid, 1975.
Foto: privat

1996 ließen sich die Mädlers (wieder) in Dresden nieder. Zur Schach-Olympiade 2008 trifft Manfred Mädler viele „Kunden“, z. B. im „SchillerGarten“ beim zwei-tägigen Treffen der Internationalen Schachbuchsammler-Vereinigung, oder in der Städtischen Bibliothek Freiberger Straße  am 20. November, 20 Uhr, wo er die öffentliche Talkrunde „Ticken Schachspieler anders?“ moderiert und dabei auch den Schacholympiade-Arzt Dr. med. Stefan Hehn (65) vorstellen wird (auch EHK-Leser sind als Zuhörer willkommen). Schließlich kann man Herrn Mädler begegnen, wenn am 5. November, 19 Uhr, in den Technischen Sammlungen die Ausstellung „Schach und Intelligenz“ eröffnet wird. Der dort präsentierte Schachautomat, auch als „Schachtürke“ bekannt geworden, wird dank der (konspirativen) Vermittlung Manfred Mädlers Erstaunliches leisten …

Dass Schach-Spielen jung erhält, ist dagegen nicht erstaunlich, sondern nachvollziehbar; die Mädlers leben es vor, nicht zuletzt beim „Garten-Schach“ am Haus. Schon J. W. von Goethe wusste: „Dieses Spiel ist ein Probierstein des Gehirns“.

Der „Schachtürke“ will während der Dresdner Schacholympiade 2008 in den Technischen Sammlungen gegen die Besucher antreten.  Foto: Faltblatt

Der „Schachtürke“ will während der Dresdner Schacholympiade 2008 in den Technischen Sammlungen gegen die Besucher antreten.
Foto: Faltblatt

Rahmenprogramm zur Ausstellung

„Schach und Intelligenz“  in den Technischen Sammlungen:

  • Turmfest „Schachmat(h)“ am 9. November, 10 – 18 Uhr
  • Schach im Film
    Das Museumskino der Techni­schen Sammlung zeigt 21./22. November, 20 Uhr Schachnovelle
    BRD 1960, 100 Minuten, Regie: Gerd Oswald
    Eine packende Inszenierung nach der berühmten Romanvorlage von Stefan Zweig.
  • 28./29. November, 20 Uhr Schwarz und Weiß, Wie Tage und Nächte
    BRD 1978, 103 Minuten, Regie: Wolfgang Petersen.
    Ein Film über Schach als Leiden-schaft und Obsession. Eindrucksvoll inszeniert mit Bruno Ganz in der Hauptrolle.
  • 6. Dezember, 15 Uhr Lang lebe die Königin (Kinderfilm)
    NL 1996, Regie: Esmé Lammers
    Die achtjährige Sara spielt Schach und ist auf der Suche nach ihrem Vater. Als ein weltberühmter Schachspieler in die Stadt kommt, tritt er gegen ihre Schule an. Was sie nicht weiß, es ist ihr Vater, der ihr am Schachbrett gegenüber steht.
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