Körnerweg 20 – wo einst Vieth von Golßenau einkehrte

Ein Bagger half beim „Adel im Untergang“ nach

„Villa Jenny“ am Körnerweg 20, etwa 1980. Der Anbau links stammte aus den 30er- oder 40er-Jahren. Foto: Sammlung Ute Häse

„Villa Jenny“ am Körnerweg 20, etwa 1980. Der Anbau links stammte aus den 30er- oder 40er-Jahren.
Foto: Sammlung Ute Häse

Das bereits im Elbhang-Kurier-Februarheft (Seite 20) angemahnte Gedenken an den Schriftsteller Ludwig Renn (1889 – 1979) – am 22. April ist sein 120. Geburtstag zu begehen – führt uns nicht nur an seine bekannten Elbhang-Nachkriegswohnsitze in Niederpoyritz, Bühlau und auf dem Weißen Hirsch. Auch in Loschwitz war der einstmalige sächsische Offizier Arnold Friedrich Vieth von Golflenau (so sein ursprünglicher Name) zu Hause. Hier besuchte er, mitunter auf dem Spazierweg über die Schevenstraße, in den Jahren zwischen 1915 und 1930 am Körnerweg 20 in der „Villa Jenny“ häufig seine Tante Marie Caroline Vieth von Golflenau (1862 – ca. 1939, Schwester seines Vaters), worüber er auch in seinem Buch „Adel im Untergang“ schreibt.

Der Abbruch der „Villa Jenny“ (nach 2002) gefährdete zeitweise auch den Verkehr am „Wendeplatz“ Körnerweg. Foto: Sammlung Ute Häse

Der Abbruch der „Villa Jenny“ (nach 2002) gefährdete zeitweise auch den Verkehr am „Wendeplatz“ Körnerweg.
Foto: Sammlung Ute Häse

„Marie von Vieth“ hatte um 1915 das Haus von der „Lehrerin für Gesundheitspflege“ Luise verw. Müller gekauft, die dort (ca. seit 1912) nach lebensreformerischen Grundsätzen ein „Erholungsheim für Damen und Kinder“ unterhielt. Marie von Vieth machte daraus eine Privatpension, die um 1934 vom emeritierten Pfarrer Kretzschmar (Schönfeld) erworben wurde und etwa ab 1950 von dessen Kindern Dorothea verh. Mehner und Studienrat i. R. Johannes Kretzschmar als von Kennern geschätztes „Fremdenheim Kretzschmar-Mehner“ geführt wurde (bis etwa 1980.)

Dorothea Mehner geb. Kretzschmar führte am Körnerweg 20 gemeinsam mit ihrem Bruder und dessen Frau nach dem Zweiten Weltkrieg ein „Fremdenheim“. Foto: Sammlung Ute Häse

Dorothea Mehner geb. Kretzschmar führte am Körnerweg 20 gemeinsam mit ihrem Bruder und dessen Frau nach dem Zweiten Weltkrieg ein „Fremdenheim“.
Foto: Sammlung Ute Häse

Nachdem zwischen 1985 und 1991 das Volkseigene Obstgut Borthen am Körnerweg 20 ein Ferien- und Schulungsheim betrieben hatte, baute ein Dresdner Autohändler das stilvolle, aber zurückhaltende Landhaus „mit dem einmaligen Elb- und Hafenblick“ als Familiensitz aus, der aber um 2002 verkauft werden musste. Der jetzige Besitzer handelt zwar nicht mit Autos (sondern eher mit Windenergie), hatte aber den Ehrgeiz, hier eine geräumige Garage in den Hang zu treiben. Die damit verbundenen, offenbar genehmigten Baupläne führten zum spektakulären Abbruch der traditionsreichen „Villa Jenny“ (in der zeitweise ein „Zahnkünstler“ und später auch ein Kunstmaler gewohnt hatten); schließlich entstand ein Beton-Neubau, dessen fotografische Wiedergabe wir unseren Lesern ersparen, solange der „in Maß, Form und Farbe deplazierte Baukörper“ (nach einem Architektenbefund) nicht begrünt oder äußerlich gestaltet worden ist.

Inserat aus der Broschüre „Loschwitz“ (vor 1915), im Selbstverlag des OV Loschwitz erschienen. Foto: Sammlung Grosse/Eisermann

Inserat aus der Broschüre „Loschwitz“ (vor 1915), im Selbstverlag des OV Loschwitz erschienen.
Foto: Sammlung Grosse/Eisermann

Angesichts dieser Bausünde im Denkmalschutzgebiet Loschwitz erscheint Ludwig Renns Buchtitel „Adel im Untergang“ nur als ein zurückhaltendes Synonym.

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