Das waren die Schätze des Elbhangfestes

Eine Stadt ohne Titel – mit dem „Hang zur Freiheit“

Schatz Nr. 9: Ein zarter Nieselregen und so manche organisatorische Widrigkeit im Vorfeld konnten ihr keinen Schaden tun: „La nuit d’amour“  begeisterte als liebevoll-romantisches Spektaktel rund um die große Fontäne im Pillnitzer Lustgarten am späten Sonnabend: Mit viel Herz gestaltet  von Marion Hempel (Regie), Arend Schwenke (Tonkunst) und acht Tänzerinnen der Jugend&KunstSchule Dresden (Leitung Annett Lohr). Foto: Holger Friebel

Schatz Nr. 9: Ein zarter Nieselregen und so manche organisatorische Widrigkeit im Vorfeld konnten ihr keinen Schaden tun: „La nuit d’amour“
begeisterte als liebevoll-romantisches Spektaktel rund um die große Fontäne im Pillnitzer Lustgarten am späten Sonnabend: Mit viel Herz gestaltet
von Marion Hempel (Regie), Arend Schwenke (Tonkunst) und acht Tänzerinnen der Jugend&KunstSchule Dresden (Leitung Annett Lohr).
Foto: Holger Friebel

Sevilla lag hinter uns, die Stimmung war zwiespältig, die Welterbe-Gedenktafel an der Loschwitzer Kirche trug Trauerflor, die Begrüßungsmusik von Top Dog Brass Band war ungewöhnlich herb-frech – und die Fest­reden waren wohlüberlegt, diplomatisch angemessen.   Der elbhangfesteigene „Geist der Wahrheit und der Geist der Freiheit“ wurden als „Stützen der Gesellschaft“ beschworen, aber ein leichtfertiger Welterbeverzicht sei eine „falschverstandene Freiheit“. Ein französischer Schirmherr begrüßte die Eröffnungsgäste; Monsieur Dr. Denis Bouquet vom „Institut francais de Dresde“ bestätigte uns in freier Rede, dass das Elbhangfest „einen festen Platz in der Geschichte der Stadt“ hat. Davon zeugte auch der 23-teilige Festumzug, wo den Machern die Freiheit der Gestaltung überlassen wurde. Chefmoderator Mario Thiel hatte alle Mühe, die thematischen Bezüge der schnell vorbeiziehenden Bilder gehörig „auszuschöpfen“. Wäh­rend er mit einigen offenherzig dekolletierten Festzugsdamen scherzte, entging ihm beinahe der Slogan „vom Sozialismus in seinem Lauf“, den „weder Ochs noch Esel auf­halten“ sollte. Darunter defilierte Erich Honecker „20 Jahre danach“ an uns vorbei, gezogen von zwei Öchslein und gefolgt von zwei Eseln. Als dann Umweltbürgermeister a. D. Klaus Gaber die schwarz­beflorte Welterbefahne (mit Welterbesarg) an der Gedenktafel vorübertrug, blieb dem Moderator der Kommentar weg.

Umso fester war die Stimme des Loschwitzer Pfarrers, als er im Festgottesdienst den „verordneten Predigttext“ der lutherischen Freiheit eines Christenmenschen würdigte. Dass war keine „Methaphysik“, hier wurde allen Freiheitsliebenden der himmlische Segen verheißen. Noch am Abend zuvor hatten wir die „Freiheit von unten“ gerochen, als aus den beleuchteten Schächten der „Trille“ Musik nach oben drang.

 

Oberirdisch trat wieder „Müllers Weingarten“ über die Ufer. Als dort am Sonntag-Abend die unverwüstliche Barbara Hoene mit dem jung gebliebenen „Arco Belcanto“ auftrat, war man überzeugt, dass die Rente mit „67“ eine reale politische Chance hat. Aber auch die Jugend war nicht faul. Im erstmalig geöffneten Ambiente „bei Uhlmanns“ in Wachwitz brillierten die kreativen Ideen. Wer den Sonntag in Wachwitz an der schönsten Festbühne am Elbhang ausklingen lassen wollte, erlebte ein wunderschönes Konzert von Sinti Swing aus Berlin. Die Kirmes an der Elbe musste derweil schon abgebaut werden, da das Hochwasser die Schaukeln und Karussells erreichte. Doch der angekündigte Re­gen und der Beginn der Schul­ferien blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Besucherzahl.

Jürgen Frohse/ Dietrich Buschbeck

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Veröffentlicht unter Artikel aus der Print-Ausgabe, Elbhangfest