Fünf Jahre ARABUSTA, Körnerplatz 13

Ich geh mal gucken, wer da ist…

Viele Loschwitzer kennen das Eck Körnerplatz 13 noch als „Milch-Laden“ – seit 2004 gibt es Milch im ARABUSTA nur noch für den Kaffee. Foto: Jürgen Frohse

Viele Loschwitzer kennen das Eck Körnerplatz 13 noch als „Milch-Laden“ – seit 2004 gibt es Milch im ARABUSTA nur noch für den Kaffee.
Foto: Jürgen Frohse

Dem Kaffeesachsen, der seine Tasse „heeß und sieße“ (und manche mit etwas Milch) haben möchte, reicht gemeinhin Jacobs Krönung und eine ordentliche Kaffeemaschine. Am Körnerplatz etablierte sich zum Elbhangfest vor genau fünf Jahren ein kleines Café, das den „perfekten“ Kaffee anbieten wollte. Es nannte sich „ARABUSTA“ nach dem Namen einer Kreuzung der Kaffeesorten Arabica und Robusta. Auf der Karte stand kein Kuchen, kein Imbiss, kein Tee – es gab Kaffee aus aller Herren Länder zu kaufen und ausgewählte Sorten zum Trinken an vier Tischen mit zehn Stühlen. Kann Kaffee genossen werden, wie Wein oder Tee – und das in Sachsen?

 Urgroßvater Carl Herrmann Bormann mit seiner Frau, 1904.  Foto: Sammlung Fleckel

Urgroßvater Carl Herrmann Bormann mit seiner Frau, 1904.
Foto: Sammlung Fleckel

Ein Nachfahre der Bauherren

Markus Fleckel, der Caféhaus-Besitzer, ist der Urenkel des Zahnarztes Carl Hermann Bormann. Dieser hat mit seiner Familie an der Struvestraße, einer Seitenstraße der Prager Straße, gewohnt und 1893/1895 die Häuser Körnerplatz 11 und 13 vom Architekten Karl Emil Scherz bauen lassen. Obwohl er nie einzog, sollen die beiden Häuser seine Herzensangelegenheit gewesen sein, wird überliefert. Als Dresden 1945 zerstört wurde, kam der Urgroßvater um und Sohn Hermann verschlug es mit der Frau und zwei der vier Töchter (zwei kamen später zur Welt) auf die Schwäbische Alp. Die Häuser wurden von der KWV verwaltet und 1988 enteignet. Markus Fleckel, 1969 in der Nähe von Köln geboren, studierte bereits in Dresden, als seine Mutter und eine der Schwestern 1992 Res­titution für die Häuser beantragten. Gleichzeitig saßen ihnen die „Haie“ eines Immobilienbüros im Nacken, sofort zu verkaufen – was die beiden anderen Schwestern auch mit der Nr. 11 taten.

Markus Fleckel zog 1996 ins Haus Körnerplatz 13. Die Mutter, die alles erhalten und das Haus in musealen Zustand versetzen wollte, verstarb 1999. Im Andenken ließen seine Tante und sein Vater das Haus mit großer Vorsicht sanieren. Bald stand die Vermietung der beiden kleinen Läden an. Ein Pizza-Brunch, noch im unsanierten, und ein Blumenladen im sanierten Zustand hatten es im ehemaligen „Dürer-Haus“ versucht. Doch sie kamen und gingen wieder.

Viele Loschwitzer kennen das Eck Körnerplatz 13 noch als „Milch-Laden“ – seit 2004 gibt es Milch im ARABUSTA nur noch für den Kaffee. Foto: Jürgen Frohse

Viele Loschwitzer kennen das Eck Körnerplatz 13 noch als „Milch-Laden“ – seit 2004 gibt es Milch im ARABUSTA nur noch für den Kaffee.
Foto: Jürgen Frohse

Kaffeeduft mal anders

2004 machte Markus Fleckel sein Hobby zum Café. „Es gab keine mir ersichtlichen Geschäftsmodelle und ich hatte vorher nie ein Tablett in der Hand. Wichtig war, das Eck mit Leben zu füllen und etwas zu beginnen, was mir Spaß macht.“ Aus Amerika schwappte der Coffee-Shop mit den Plastikbechern voll Chemiekaffee nach Europa. In klassische Wiener Cafés, außer in Wien selbst, verirrten sich immer weniger Gäste. Und wer genoss schon Kaffee?

Doch Markus Fleckel wollte es versuchen, Kaffee als „homöopathisches Elexier“ anzubieten. Die Ausstattung angelehnt ans art deco, die Suche nach einer perfekten Rös­­terei und guten Kaffeemaschinen, der Verkauf von Leuchten im Café als weiteres Standbein. Und dann wollte er sehen, wie es sich entwi­c­kelt.  Er machte keine Werbung, das „Café sollte ins Gefüge sickern“.

Schon Kult – die gezeichneten Hinweise auf Urlaubszeiten an der Tür. Foto: Jürgen Frohse

Schon Kult – die gezeichneten Hinweise auf Urlaubszeiten an der Tür.
Foto: Jürgen Frohse

Smoke on the wonder

Vielleicht wäre die Idee schon längst vergessen und verflogen, wenn nicht gerade er den Caféhaus-Besitzer gäbe. Markus Fleckel hat etwas vom Tabakwarenhändler, gespielt von Harvey Keitel im Film „Smoke“ (Regie von Jim Jarmusch). Er redet mit jedem, stellt Kontakte her, kommentiert die Geschehnisse auf dem Körnerplatz. Sein Witz, seine kühlen Kommentare, selbst die Urlaubshinweise an der Tür sind bereits Kult. Er selbst beschreibt sich als kleinsten gemeinsamen Nenner in seinem Café und freut sich, wenn sich Gespräche über Tische hin vernetzen. „In dieser Art Café muss man mit Leuten sprechen wollen. Es ist wie ein Chat-Room, wo man auf modern-unmoderne Weise seine Kontakte pflegt, nach dem Motto, ich geh mal gucken, wer da ist.“ Wenn man dann mit ihm ins Gespräch kommt, ist man auch schnell beim Thema Kaffee. Sein früheres Hobby ist zur Sieben-Tage-Arbeitswoche geworden, doch es ist ihm bis heute nicht überdrüssig. Er probiert neue Tricks und fährt durch Europa und sucht die besten Kaffee´s.  Er ist zum Spezialisten geworden, den auch schon mal der MDR befragt. Wenn dann aber einer kommt und Kaffee mit Geschmack will, stellen sich auch bei ihm die Nackenhaare hoch. Kaffee ohne Geschmack sei für ihn Wasser.

Im August wird Markus Fleckel vierzig Jahre alt (– den Termin gibt er nicht bekannt, er sickert sowieso durch –), wozu ihm der Elbhang-Kurier ganz herzlich gratuliert.

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Veröffentlicht unter Artikel aus der Print-Ausgabe, Porträt