Editorial Februar 2010

Mancher fühlt sich durch Bürgerbewegungen, -initiativen, öffentliche Proteste und Unterschriftenaktionen in seinem privaten Frieden gestört. Viele werden erst munter, wenn es an’s „Eingemachte“, an persönliche Besitzstände geht. Dann wird lautstark gegen Politiker, Verwaltung und gleich das „ganze System“ geschimpft.

Jürgen Frohse

Jürgen Frohse

So ging es ganz sicher vielen Anwohnern der Grundstraße. Dass es eine Bürgerinitiative gegen die Straßenausbaugebühren schon seit Jahren gibt, interessierte kaum und dass sich der Stadtrat schon oft mit dem Thema beschäftigte, war nicht weiter bekannt. Nach dem großen Schimpfen haben sich viele Anwohner nun zusammengeschlossen. Gemeinsam will man gegen die Ungerechtigkeiten kämpfen, auch für die wenig betuchte Nachbarin von nebenan. Dass man dabei die Schönheiten an der Straße entdeckt und sich für Wege an den offenen Teilstücken der Trille einsetzen will, ist zu begrüßen.

Sich für oder gegen etwas zu engagieren bedeutet auch immer, aus seinem privaten Umfeld herauszutreten. Dazu braucht man Antrieb und begibt sich auf einen steinigen Weg. Dass es in Dresden und am Elbhang viele gibt, die sich engagieren, zählt zu den Stärken dieser Stadt. Das zeugt vom Charak­ter Dresdens, dem Selbst­be­wusstsein seiner Bürger und hat nichts mit Provinzialität zu tun.

Daher berichten wir gern über die Bürgerinitiative gegen ein Kieswerk in Söbrigen, über Widerstand gegen den Neonaziaufmarsch in Dresden, über die Ortsvereine und das Engagement einer Wachwitzerin in Albanien.

Leider müssen wir auch über den Tod eines Mannes berichten, der Bürgerengagement nicht nur betrieben, sondern gelebt hat. Der Bühlauer Achim Weber kämpfte mit den Waffen des Wortes gegen viele unsinnige Vorhaben, aber auch für z. B. eine Verkehrsberuhigung der Bühlauer Wohngebiete, die so heute allgemein akzeptiert ist. Seine sehr präzisen Argumente gegen eine Waldschlößchenbrücke wird man, davon kann man ausgehen, noch häufig zitieren.

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