Bekenntnis in Form und Farbe

Hans Jüchser – Friedrich Press in der Städtischen Galerie Dresden

Im Rahmen der Ausstellung erscheint eine umfangreiche Monografie zum malerischen Werk von Hans Jüchser „Hans Jüchser. Farbe als absolute Kraft“, herausgegeben von Dr. Gisbert Porstmann und Lin­da Karohl, Städtische Galerie Dresden, 2010.

Blick in die Ausstellung. Foto: Städtische Galerie Dresden

Blick in die Ausstellung.
Foto: Städtische Galerie Dresden

Die Städtische Galerie Dresden zeigt noch bis zum 16. Mai ausgewählte Gemälde, Skulpturen und Arbeiten auf Papier von Hans Jüchser und Friedrich Press.
Der Maler und Grafiker Hans Jüchser und der Bildhauer Friedrich Press sind beide eng mit der Kunst in Dresden verbunden. Hans Jüchser zählt zu den wichtigen Vertretern der Dresdner Malkultur in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Friedrich Press gehört zu den bedeutenden Künstlern sakraler Plastik. In Dresden zählen die Pietà und der Altar in der Gedächtniskapelle der Katholischen Hofkirche und die Raumgestaltung der St.-Josefs-Kirche in Pieschen zu den herausragenden Beispielen seiner baugebundenen Plastik.

Friedrich Press, 1984. Foto: Klaus Dennhardt

Friedrich Press, 1984.
Foto: Klaus Dennhardt

In Loschwitz erinnert die Friedrich-Press-Straße an den Bildhauer, der 1927 nach Dresden kam, um bei Georg Wrba an der Akademie für Bildende Künste Dresden zu studieren. Friedrich Press wurde 1904 im westfälischen Ascheberg geboren. Bevor er nach Dresden kam, absolvierte er eine Holz- und Steinbildhauerlehre in Münster und studierte in Dortmund und Berlin. Nach Abschluss seines Studiums 1931 arbeitete Press in seinen Ateliers in Davensberg und Dresden, bis er sich 1934 endgültig in der Elbestadt niederließ. Sein frühes bildhauerisches Werk versammelt Entwürfe für Grab- und Denkmale sowie Porträtbüsten. Zwischen 1940 und 1945 war Friedrich Press Soldat im Zweiten Weltkrieg und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1946 nach Dresden zurückkehrte. Von 1954 an lebte und arbeitete der Bildhauer in der Robert-Diez-Straße 1. Dort, in seinem Losch­witzer Atelier, entstanden in den kommenden Jahren zahlreiche Einzelplastiken, über 3000 Zeichnungen und die Entwürfe der über 40 Raumgestaltungen für die evangelische und katholische Kirche. Die Ausstellung präsentiert charakteristische Werke des Bildhauers: Seine Skulpturen zeigen Christus, Maria oder Mutter-Kind-Darstellungen.

Friedrich Press, Christus mit roter Dornenkrone, 1988, Linde, teilweise rot gefasst, 40 x 24 x 8 cm,  Skulpturensammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden. Foto: Elke Estel & Hans-Peter Klut

Friedrich Press, Christus mit roter Dornenkrone, 1988, Linde, teilweise rot gefasst, 40 x 24 x 8 cm,
Skulpturensammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden.
Foto: Elke Estel & Hans-Peter Klut

Friedrich Press formte das verwendete Buchen-, Eichen-, Kiefern- oder Lindenholz mit mini­malen bildhauerischen Eingriffen. Durch Spaltungen, Einkerbungen oder sparsam gearbeiteten Aushöhlungen entstanden ausdrucksstarke Gesichter, Gesten und Haltungen. Durch die gestalterische Konzentration erreichte er den verdichteten, zeichenhaften Ausdruck seiner Arbeiten. Die formal reduzierten und abstrahierten Skulpturen veranschaulichen eindrücklich die mensch­­liche Dimension wesentlicher Glaubensinhalte.

Hans Jüchser, 1976. Foto: Hermann Koenigs

Hans Jüchser, 1976.
Foto: Hermann Koenigs

Etwa eine halbe Stunde Fußweg von der Robert-Diez-Straße entfernt befindet sich das so genannte Talhaus. Ein kleines Schild erinnert heute daran, dass hier – im Wachwitzgrund 56 – der Maler und Grafiker Hans Jüchser lebte. 1921 bezog der junge Kunststudent dort eine kleine Wohnung. Zwei Jahre zuvor kam der 1894 in Chemnitz geborene Künstler nach Dresden, um an der Kunstgewerbeakademie bei Arno Drescher und Georg Erler zu studieren. Mit dem Wunsch „Maler zu werden“ (1) verließ er allerdings 1922 die Kunstgewerbeakademie und begann das Studium bei Otto Hettner und Ludwig von Hofmann an der Akademie der Bildenden Künste Dresden. Die ersten, aus der Studienzeit bekannten Ge­mälde zeigen neben Porträts und Figurendarstellungen immer wieder Landschaften: den Loschwitzer Elbhafen, den Blick von den Elbhängen oder den Wachwitzgrund, wo Hans Jüchser bis zu seinem Tod im August 1977 lebte.

Hans Jüchser, Wachwitzgrund am Abend, 1938, Öl auf Leinwand, 67 x 50,5 cm, Pri­vatbesitz. Foto: Der Fotoladen, Dachau

Hans Jüchser, Wachwitzgrund am Abend, 1938, Öl auf Leinwand, 67 x 50,5 cm, Pri­vatbesitz.
Foto: Der Fotoladen, Dachau

Die Landschaft, vor allem Motive aus Wachwitz und Umgebung finden sich nahezu im gesamten Werk von Hans Jüchser. Neben dem Wachwitzgrund waren die Pillnitzer Landstraße, sein Garten an der Ohlsche oder der Wachwitzer Konsum beliebte Motive des Künstlers. Rückblickend schrieb Hans Jüchser: „Wachwitz erschien mir als ein ideales Stück Erde, noch ziemlich unberührt mit seinen malerischen kleinen Häusern und bot viele Anregungen zur künstlerischen Arbeit. […] Wachwitz wurde zu meiner zweiten Heimat und ich verdanke dem Ort und seiner Umgebung wesentliche Impulse und einen entscheidenden Inhalt meines Lebens.“ (2)

Hans Jüchser, Elbhafen Loschwitz, 1924, Öl auf Leinwand, 63,5 x 79,5 cm, Privatbesitz Dresden. Foto: Herbert Boswank, Dresden

Hans Jüchser, Elbhafen Loschwitz, 1924, Öl auf Leinwand,
63,5 x 79,5 cm, Privatbesitz Dresden.
Foto: Herbert Boswank, Dresden

Von 1928 an arbeitete Hans Jüchser als freischaffender Künstler. Der junge Maler trat in die KPD ein und engagierte sich für kurze Zeit in der Asso (Assoziation revolutionärer bildender Künstler Deutsch­­lands), einer progressiven Künstlergruppe, der auch Otto Griebel, Hans und Lea Grundig, Wilhelm Lachnit oder Willy Wolff angehörten. Darüber hinaus war er Mitglied und später Vorsitzender der Dresdner Sezession 1932 (3) und schloss sich der Gruppe Die Sieben (4) an. Er nahm an zahlreichen regionalen und überregionalen Ausstellungen teil, einige Sammlungen kauften Werke von ihm an. Diese ersten künstlerischen Erfolge, die frühen fruchtbaren Jahre wurden jäh unterbrochen: 1940 wurde Hans Jüchser zum Kriegsdienst eingezogen. Als Offizier der Luftwaffe war er in Deutschland, Polen, der Sowjetunion und der Ukraine stationiert. Mit Ende des Krieges geriet er in amerikanische, dann sowjetische Gefangenschaft und kehrte erst im Winter 1949 nach Dresden zurück. In seinem Atelier im Künstlerhaus Loschwitz, wo er seit 1950 wieder arbeitete, schuf Hans Jüchser in den folgenden Jahren ein umfangreiches Spätwerk. Geprägt von seinen Lehrern an der Akademie und inspiriert von Paul Cézanne, Pablo Picasso und Henri Matisse entwickelte Hans Jüchser eine koloris­tisch verfeinerte und subtile Bildsprache, die seinen souveränen Um­gang mit der Farbe zeigen. Neben Selbstbildnissen, Porträts, Figurendarstellungen und Stillleben präsentiert die Ausstellung Ge­mäl­de zu Szenen des Alten und Neuen Testamentes sowie eine kleine Reihe von Arbeiten mit Masken, Clowns und Harlekinen.

Auf dem Loschwitzer Friedhof befinden sich die Gräber der beiden freundschaftlich miteinander verbundenen Künstler. Friedrich Press entwarf u. a. die Grabsteine von Hans Jüchser und Hans Theo Richter.

Linda Karohl

  • 1  Hans Jüchser. Farbe als absolute Kraft. Hrsg. von Gisbert Porstmann und Linda Karohl, Altenburg 2010, S. 125.
  • 2  Siehe: Anm. 1, S. 125.
  • 3  Karin Müller-Kelwing, Hans Jüchser und die Dresdner Sezession 1932, in: wie Anm. 1, S. 14ff.
  • 4  Johannes Beutner, Erich Fraaß, Otto Griebel, Hans Jüchser, Karl Kröner, Paul Wilhelm und Fritz Winkler.
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