Unser Leser und Autor Horst Milde sandte uns „Eine Erinnerung an den Kurpark im Juli 1991”, die er „Nach dem Abzug der russischen Armee aus dem Lahmanngelände” geschrieben hatte.
„Die Wege sind holprig und teilweise unbegehbar, von Sauberkeit keine Spur. Dort ein fallengelassenes Motorrad, da überfüllte Papier- und Abfallbehälter, Gartenmüll. Die letzten Bänke siechen vor sich hin, nur an Tennis- und am Schulsportplatz sind einige frisch gestrichen. Am Konzertplatz gibt man sich Mühe, niveauvoll zu sein.
Täglich schlurft morgens eine Obdachlose, ein Wäglein ziehend und Beutel tragend, aus dem Busch, der ihr seit drei Jahren als Schlafstatt dient. Anderseits zieht es früh einige Männer auf einsame Bänke, wo sie Zeitung lesen und ein paar Büchsen Bier leeren. Ganz anders ein Hund. Er wartet seit mindestens Anfang Mai darauf, dass das Auto seines Herrchens wieder auftaucht, was ihn in der Nähe des Kinderspielplatzes abgesetzt haben muss. Dieser rassige Shelty wartet auf ihn, seinen ehemaligen Herrn. Waldläufer versuchten, ihn mit Futter oder sanften Worten zu locken. Er frisst, aber er kommt nicht näher als zehn Meter an Menschen heran. Auf die Worte lauscht er, aber er scheint kein Deutsch zu verstehen. Sein Quartier unter Bäumen ist so gelegen, dass er stets ein Stück des HG-Weges in Sicht- und Hörweite hat, wo er wieder abgeholt werden könnte. Struppig ist sein Fell inzwischen, sicher hat er auch Zecken. Nun aber vermisst er die Kinder, die Schulferien haben. Von ihnen gab es immer leckere Brote oder auch Kuchenrändel.
Am 1. August morgens lag er, offenbar angefahren, tot an der Bautzner Landstraße, Eingang Nachtflügelweg. Offenbar lockte ihn der Küchengeruch vom „Trompeter” hierher. Sein Herrchen kam nie wieder! Nicht einmal ein halber Quadratkilometer Heidewald, Kurpark genannt, ist der Spiegel dieses Jahres geworden. Vergleichbar mit 1945, wo sonst was für Gerät in den Büschen verborgen wurde, Heimatlose herum irrten und die neuen Herren von dem Elend, was sie mitgebracht hatten, nichts sehen wollten. Sie waren ja die Sieger, die Russen.”
Diesem etwas resignativen Text fügt die Redaktion einige hoffnungsvolle Beobachtungen an:
Ja, bereits 1991 gab man sich am Konzertplatz Weißer Hirsch wieder „Mühe, niveauvoll zu sein”. Die Mühen waren nicht vergebens. Der „Verschönerungsverein”, die Forstverwaltung, „bean&beluga” und viele Helfer haben den Konzertplatz zu einem neuen Anziehungspunkt gemacht, der im Überschwang schon mal „der schönste Biergarten Dresdens” genannt wird. Letztere Bezeichnung hätten sich die vornehm gekleideten Kurgäste von einst für dieses Etablissement sicher verbeten. Zu ihnen hat gewiss auch der seinerzeit (1916) kriegsverletzte Kurpatient Oskar Kokoschka gehört, dem man in diesen Wochen wieder im Kupferstichkabinett, im Loschwitzer Hegenbarth-Archiv (ab 7. August) oder bei eigens angebotenen „kunsthistorischen Stadtspaziergängen” (s. S. 17) begegnet. Und mit der in Gang gekommenen Wiederauferstehung des Lahmann-Areals hat nun auch das vom Elbhang-Kurier aufrechterhaltene „Kur- und Fremdenblatt Weißer Hirsch” seine endgültige journalistische Daseinsberechtigung erhalten (hoffentlich klagt niemand die vermeintlichen Urheberrechte ein!).
Der jetzt auf dem Konzertplatz inszenierte „Dresdner Sommer 2011” mit seinem etwas gemischten Musik-Theater-Kino-OpenAir-Programm tut ein Übriges, um (Kur-)Publikum anzuziehen. Neben dem Hausgastronomen Stefan Hermann kann auf renomierte Namen verwiesen werden, die sich im Juli und August die Kurpark-Klinke in die Hand geben, u. a. Tom Pauls im Gefolge von Ilse Bähnert, Konditor Gränzel und Kommissar Strietzel, „Die Hexe Baba Jaga und der Bart des Drachen”, der Entertainer Gunter Gabriel, „Keimzeit” (18. August) und weitere Prominente, die sich vielleicht auch zum großen „Sommernachtsball” am 13. August blicken lassen – für einen Moment kann man fast vergessen, dass es auf dem Weißen Hirsch kein florierendes „Parkhotel” oder keine flimmernden „Parklichtspiele” mehr gibt.