Sprachen öffnen das Tor zur Welt

Weltoffener Elbhang – mit dem Dresdner Sprachentreff e.V. in Bühlau trägt Marion Pestel dazu bei

Sprachkurs mit Marion Pestel im Schulungsraum ihres Hauses auf der Wilthener Straße. Foto: J. Frohse

Sprachkurs mit Marion Pestel im Schulungsraum ihres Hauses auf der Wilthener Straße.
Foto: J. Frohse

Die Begegnungsstätte Dresdner Sprachentreff e.V.

Für viele Bewohner des Elbhanges, aber auch für Dresdner über die Elbhanggrenze hinaus, ist die Wilthener Straße in Bühlau zu einem wöchentlichen Anlaufpunkt geworden. Ein Treffpunkt, an dem Urlaubserfahrungen geteilt, sich mit Gleich­gesinnten ausgetauscht, aber eben vor allem gelernt wird. Im Mittelpunkt steht dabei die Sprache, mit der man oder frau sich schon immer mal beschäftigen wollte, ob für den Urlaub, Beruf, zur Hilfestellung für die eigenen Schulkinder oder zur Kommunikation mit dem Partner oder mit Freunden.

Englisch-, Französisch-, Itali­enisch-, Spanisch- oder Tschechisch-Kurse bietet der Sprachentreff, der von Marion Pestel geleitet wird, die dem Verein zwei Räume in ihrem Haus zur Verfügung stellt. Bei Cappuccino, Keksen oder in der kalten Jahreszeit auch mal bei Glühwein können die Teilnehmer ihrem kulturellen Fernweh nachspüren und Kommunikation in fremden Sprachen pflegen.

Aus Hobby wurde Berufung

Mit Sprachen hat sich Marion Pestel schon immer gern beschäftigt. Doch konnte sie ihrem Wunsch nach einem Sprachstudium zu DDR-Zeiten nicht nachkommen. Wegen ihrer Unterschrift unter einem Brief an den Deutschlandfunk blieb der Schülerin 1972 der direkte Weg zum Abitur verwehrt. Die Ausbildung zum Beruf mit Abitur erforderte die Wahl eines technischen Studienganges. Doch auch während ihres Ingenieurstudiums an der Technischen Hochschule Ilme­nau und ihrer anschließenden zehnjährigen Ingenieurstätigkeit am Zentrum Mikroelektronik Dresden trieb es die Dresdnerin immer wieder zur Beschäftigung mit Sprachen und fremden Kulturen. In dieser Zeit bildete sie sich im Fernstudium zur staatlich geprüften Übersetzerin für die englische Sprache weiter.

Mit der Wende kam für sie die Möglichkeit der Neuorientierung und damit die Chance, endlich der eigentlichen Bestimmung auch beruflich nachgehen zu können. Nach zwei Jahren nebenberuflicher Tätigkeit an einer Sprachschule machte sich die heute 56-jährige 1993 selbstständig und gründete das „Dresdner Sprachencafé“ im Stadtteil Bühlau.

Die ständig steigende Nachfrage nach Sprachkursen führte im Jahre 2001 zur Gründung des gemeinnützigen Vereins „Dresdner Sprachentreff e.V.“ mit zehn freiberuflichen Kursleitern aus Tschechien, Frankreich, Spanien, Chile, Großbritannien, den Vereinigten Staaten, Italien, Ungarn und Bolivien.

An die 80 erwachsene Schüler werden wöchentlich bei einer Gruppenstärke von maximal sieben Teilnehmern unterrichtet. Hinzu kommen aber auch noch Kurse, die außerhalb der Sprachschule stattfinden, so in Kindergärten, Arztpraxen, „Englisch als Begegnungssprache“ in Grundschulen sowie Ferienkurse in Englisch und Französisch für Oberschüler und Gymnasiasten. Am Gymnasium Dresden-Bühlau werden die 5. und 6. Klassen regelmäßig von Marion Pestel bei der Erledigung ihrer Hausaufgaben betreut.

Marion Pestel mit einer Kursteilnehmerin. Fotos: J. Frohse

Marion Pestel mit einer Kursteilnehmerin.
Fotos: J. Frohse

Deutschkurse für Asylanten

Seit Sommer 2014 leitet die zweifache Mutter noch einen anderen, aber nicht minder wichtigen Sprachkurs, diesmal in ihrer Muttersprache und aus organisatorischen Gründen in der Dresdner Neustadt. Als ehrenamtliche Deutschlehrerin hilft sie Flüchtlingen ein Stück weiter auf dem Weg in eine neue Zukunft, einer Zukunft vielleicht sogar in Deutschland. Da Asylbewerber während des laufenden Verfahrens noch keinen Anspruch auf einen bezahlten Deutschkurs haben, organisiert das Projekt DAMF (Deutschkurse Asyl Migration Flucht) des Vereins „Kontaktgruppe Asyl“ Sprachveranstaltungen, in welchen notwendige Deutschkenntnisse zum Meistern des täglichen Lebens vermittelt werden. Nicht selten beginnen die Kurse zunächst mit dem Erlernen lateinischer Buchstaben.

Die meist sehr motivierten Teilnehmer kommen aus Kriegsgebieten wie Syrien, Tschetschenien, Afghanistan, Somalia, Eritrea, Kurdistan oder dem Irak. Dankbar nehmen sie die Sprachangebote an und sind eifrig bei der Sache. Doch die derzeitige politische Situation in Dresden mit den PEGIDA-Veranstaltungen berührt auch die engagierte Vermittlerin kultureller Begegnungen: „Ich bin besorgt, wohin die allgemeine Unwissenheit, die in der Bevölkerung über diese Menschen herrscht, noch führen wird.“

Claudia Innerhofer

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Veröffentlicht unter Artikel aus der Print-Ausgabe, Der Elbhang-Kurier