Ein Statement von Dipl.-Ing. Urs Krüger / Loschwitz
In diesem Jahr soll es nun endlich losgehen mit der Sanierung des Körnerwegs. Seit Jahren fordern besonders die Radfahrer am besten einen Belagwechsel von dem aktuellen Sandsteinpflaster zur fahrradfreundlichen Schwarzdecke. Seitdem durch einen Radfahrer in aufwendiger Recherche nachgewiesen wurde, dass der heutige Weg „erst ca. 100 Jahre alt“ ist und damit nach Meinung dieses Radfahrers keinen Denkmalstatus verdient hat, glaubt man sich im Recht mit der Forderung nach einer Asphaltstraße.
Der Denkansatz ist dabei jedoch falsch. Die Denkmalwürdigkeit einer Sache oder baulichen Anlage definiert sich doch nicht automatisch aus deren Alter – negativen, wie auch im positiven Sinne. So gibt es durchaus Gebäude die mehr als 200 Jahre alt sind, jedoch keinen Denkmalstatus haben, weil sie entweder baulich nicht so herausragend sind oder es einfach zu viele vergleichbare Bauten gibt. Andererseits stehen in Dresden bereits die Plattenbauten an der Prager Straße unter Denkmalschutz.
Der Körnerweg, so wie wir ihn heute kennen ist noch nicht uralt und es sind auch noch keine römischen Fusssoldaten darüber marschiert. Auf den alten Aufnahmen von August Kotzsch kann man zudem sehen, dass der Weg, Ende des 19. Jahrhunderts deutlich schmaler und seinerzeit wirklich nur ein Treidelweg war. Der Denkmalstatus rührt also keineswegs aus dem Alter, sondern vielmehr aus der Tatsache her, dass es eine derartige Uferbefestigung aus Böschung, Weg und aufgehender Stützmauer in einem einheitlichen Baumaterial – dem heimischen Sandstein – kein zweites Mal in Sachsen und wahrscheinlich auch in ganz Deutschland geben dürfte. Man muss also immer die Gesamtanlage betrachten – die alten Weinberge und der bauliche Übergang der Hangbefestigungen in den Uferbereich der Elbe – dies hat völlig zur Recht Denkmalstatus.
Unabhängig vom Alter des Pflasterbelages hat dieser in Verbindung mit dem unmittelbar angrenzenden Böschungsbauwerk eine wichtige Hochwasserschutzfunktion. Die raue Oberfläche der Pflasterbeläge verringert die Strömungsgeschwindigkeit des Elbwassers im Falle eines Hochwassers- dies ist von elementarer Bedeutung für den Schutz der Mauern vor Auswaschungen und nachfolgenden Einstürzen. Ein durchgehender Asphaltbelag würde die Strömungsgeschwindigkeiten wahrscheinlich noch erhöhen. An jedem Brückenpfeiler kann man sehen, dass dort Steinblöcke und grober Bruchschotter eingebaut werden, um die Strömung des Wassers zu verringern und das jeweilige Bauwerk vor Aus – und Unterspülungen zu schützen. Beim Körnerweg ist die Funktion genau die gleiche.
Mit der Verlegung der Medienleitungen und der Erschliessung von Baugrundstücken in den alten Weinbergen wurde der alte Treidelweg dann als schmaler Fahrweg ausgebaut und präsentiert sich bis heute so. In den darauf folgenden Jahrzehnten wurde der Sandsteinbelag mehrfach geöffnet, um verschiedenste Rohrleitungen zu verlegen – zuletzt Anfang der 90er Jahre, als die Telekom in ganz Dresden aktiv war. Der Verschluss der Rohrgräben und das nachfolgende Pflastern erfolgte oft ohne die notwendige Sach- und Spezialkenntnis derartiger Natursteinbeläge und der notwendigen Unterbauten. Aus diesem Grunde, und weil immer mehr Bäume im Böschungsbereich wachsen, ist der Weg heute wirklich in einem schlechten Zustand und lässt sich teilweise nur sehr schlecht mit dem Rad befahren.
Die gewünschte Asphaltvariante birgt aus vorgenannten Gründen erhebliche Risiken und ist dauerhaft abzulehnen. Dass der Weg jetzt mit geschnittenen Sandsteinplatten in einem Versuchsbereich am Heilstättenweg ausgelegt werden soll, kann auch nur bedingt als Lösung betrachtet werden, da die glatten Platten durch Algen und Moosbewuchs in kürzester Zeit und besonders an Regentagen zu gefährlichen Rutschflächen werden dürften.
Eine wirkliche Lösung könnte darin bestehen, dass man den jetzigen Pflasterbelag abschnittsweise aufnimmt und unter fachlicher Anleitung eines Steinmetzen neu mit schmalen Fugen versetzt. Die Steine müssten dabei „Knirsch“ aneinander gesetzt werden. Im Bereich der vorderen Wegkante zu Böschung wäre ein Belagswechsel in einen 1 Meter breiten Streifen aus Granit- Mosaik- oder Kleinkopfpflaster denkbar.
Aufgrund der deutlicheren Kleinteiligkeit des Belagmateriales wäre sofort ein wesentlich ebenere Fläche herstellbar, bei gleichzeitiger Wahrung des Gesamterscheinungsbildes des Weges. Durch den Material- und Farbunterschied wäre auch die Funktionstrennung für den Nutzer- nämlich Fussgänger an der Stützmauer und Radfahrer auf der Böschungsseite deutlich nachvollziehbar. Auch würde vermieden, dass eine Radrennbahn entsteht, wo der Fussgänger oder die Familie mit Kinderwagen keine Möglichkeit haben, auszuweichen.
Bei der baulichen Anlage Körnerweg handelt es sich mit aller Berechtigung um ein schützenswertes Denkmal, welches in den letzten 200 Jahren immer weiter ausgebaut wurde und bis heute seine Hauptfunktion – nämlich den Hochwasser und Uferschutz – perfekt erfüllt.
Um den alten Wegebelag den heutigen Anforderungen der verschiedenen Nutzer gerecht zu machen, bedarf es daher der Kompromissbereitschaft von allen Seiten.