Der Blasewitzer Mitbürger Dr. Christian Starke wird am 6. Juni 2016 80 Jahre alt. Streng genommen ist er ein »Zugezogener«, denn bis 1967 lebte er in Striesen. Doch in seinen ersten drei Lebensjahren wohnten die Eltern in der Pohlandstraße 9, im selben Haus wie der Maler Wilhelm Rudolph. So wollen wir ihm das Prädikat eines echten »Blasewitzers« nicht streitig machen. Seine Familiengeschichte ist überhaupt interessant. Die Vorfahren der Mutter, Annemarie, geb. Gerstenkamp, lassen sich als Bauern in der Altmark bis 1787 zurückverfolgen.
(siehe auch Seite 26/EHK Juni 2016)
Ein Vorfahre väterlicherseits war Waldarbeiter im Erzgebirge, und seinem Ururgroßvater gelang es, den Fichtelberg, der durch den Holzbedarf des Bergbaus kahlgeschlagen war, wieder aufzuforsten. König Johann persönlich ritt am 22. August 1858 mit seiner Begleitung auf den Fichtelberg, um dem Oberförster Moritz Starke seine Anerkennung auszusprechen. Ein Stammbuch im Familienbesitz bezeugt das, und die Berufsgenossen des Reviers haben 1864 ihrem Kollegen einen schlichten Gedenkstein gesetzt, der heute noch in der Nähe der oberen Station der Schwebebahn auf den Fichtelberg zu sehen ist.
Der Sohn des Oberförsters war Arzt in Pieschen, und in der Familie wird erzählt, dass er beim Lichte einer Petroleumlampe auf dem Küchentisch einem Patienten den Blinddarm operiert habe. Der Sohn dieses Arztes wiederum, das ist der Großvater unseres Jubilars, war Apotheker und als Direktor in den Leo-Werken tätig. Der Eigentümer der Leo-Werke, Ottomar Heinsius von Mayenburg, hatte 1928 das Vorgängerunternehmen der heutigen Apogepha Arzneimittel GmbH in der Kyffhäuserstraße 27 gekauft und fragte seinen Direktor Starke, ob er nicht jemand wüsste, der den neu erworbenen Betrieb leiten könne. Die Antwort lautete: »Da kann ich Ihnen nur meinen Sohn empfehlen, der ist Apotheker und hat gerade als Chemiker promoviert.« So kam Dr. Johannes Starke – der Vater unseres Jubilars – als technischer Betriebsleiter in die pharmazeutische Fabrik C. Stephan auf der Kyffhäuserstraße, die er 1933 nach Liquidationsschwierigkeiten gemeinsam mit dem Kompagnon Max Biering unter dem Namen »Apogepha – Fabrik chemisch-pharmazeutischer Präparate, Dr. Starke & Max Biering« als Teilhaber und Betriebsleiter fortführte.
Kindheit und Jugend von Christian Starke waren durch den Vater untrennbar mit der Apogepha verbunden, und schon das fünfjährige Kind hat als Berufswunsch gemeint: »Chemie studieren und die Apogepha übernehmen!« So ist es später auch gekommen, wenn auch in einem ziemlichen Auf und Ab, und für das vierte von fünf Geschwistern keine Selbstverständlichkeit. Rückblickend sagt dazu Christian Starke:
»Wenn ich meinen Lebensweg mit der Biographie meines Vaters vergleiche, dann erkenne ich, wie sehr mich der liebe Gott mit einem gütigen Schicksal beschenkt hat. Mein Vater, dem die heutige Apogepha immer noch viel zu verdanken hat, war Jahrgang 1897. Soldat im Ersten Weltkrieg, Inflation, durchgehungertes Studium hießen die wichtigsten Stationen. Dann ist er das Risiko mit der Apogepha eingegangen, hat jeden Pfennig in das Unternehmen gesteckt bzw. in eine Lebensversicherung für die Familie. Dann kamen Krieg und Zusammenbruch 1945, und alles war weg. Danach der Wiederaufbau hüben wie drüben, nur bei uns überschattet und gelähmt vom Kommunismus. 1968, zu finsteren DDR-Zeiten, starb mein Vater, ohne jede Hoffnung auf Besserung für seine Firma und für mich. Ich dagegen war als Kind während der schwierigen Kriegs- und Nachkriegsjahre behütet in der elterlichen Familie, hatte während der DDR-Zeit Kompensation durch das eigene glückliche Familienleben, durch den Freundeskreis und durch die Musik. Und dann kam das Glück der Einheit Deutschlands, die Russen waren weg, wir waren einfach Deutschland, und ich gehörte dazu. Ich bekam die Chance, etwas zu leisten, etwas zu erreichen, etwas aufzubauen, wurde geehrt, alles ein großes Glück.«
Übrigens gehört zu den Ehrungen für Christian Starke auch der Sächsische Verdienstorden, den ihm Professor Biedenkopf überreicht hat. Und das, was er aufgebaut hat, kann man in Blasewitz in der Kyffhäuserstraße 27 und in Lockwitz auf der Dohnaer Straße 205 sehen: Ein mittelständisches Pharmaunternehmen mit 36 Mio € Jahresumsatz, 200 Beschäftigten und einem Export in 20 Länder. Möglich wurde dieser Erfolg nur dank eines Teams engagierter Mitarbeiter, die ihre Tatkraft und ihre Ideen in »ihr« Unternehmen einbrachten.
Wenn es um Dank geht, dann will Christian Starke noch jemand genannt haben. Das ist seine Frau Dr. Gerda Starke, geb. Dittmann, die ihren Beruf als Architekten zugunsten der Familie teilweise aufgeben und Christian Starke ermöglicht hat, sich vorbehaltlos seinen beruflichen Plichten zu widmen. Bis zum 15. Juni ist eine Ausstellung mit sehr schönen Aquarellen von ihr in der Architektenkammer auf der Goetheallee zu sehen.
Seit 2012 hat Christian Starke seine Geschäftsanteile an die drei Töchter mit Henriette Starke an der Spitze übertragen, die seitdem die Apogepha erfolgreich weitergeführt und ihrerseits das klare Ziel haben, die Selbständigkeit der Apogepha als familiengeführtes Unternehmen beizubehalten. Das ermöglicht Christian Starke, sich sorgenfrei der Musik zu widmen und mehr Zeit für das Üben auf der Geige zu haben als früher. Als Höhepunkt seiner »Karriere« bezeichnet er eine Aufführung der zweiten Sinfonie von Brahms im Leipziger Gewandhaus unter dem Dirigat von Herbert Blomstedt, bei der er am zweiten Pult der 2. Geigen saß. Außerdem gibt es jährlich zwei bis drei Konzertreisen mit dem »Rotary-Orchester Deutschland« und Gottesdienstmusiken zu Ostern und Weihnachten mit dem »Aichinger Consort«. Die Verbundenheit mit der Musik zeigt sich aber auch in der regelmäßigen Förderung des »Vocal Concert Dresden«, der »Jüdischen Kammerphilharmonie« und mancher anderer Formation. »Die großen Leuchttürme kommen alleine zurecht. Doch das Dresdner Kulturleben in der zweiten Reihe ist außerordentlich reichhaltig und braucht Unterstützung.« Über Unterstützungen durch Christian Starke freuten sich auch andere große Vorhaben wie die Restaurierung der Jahn-Orgel der Striesener Versöhnungskirche oder das Buch »LOSCHWITZ Illustrierte Ortsgeschichte 1315-2015«.