Kommentar zum Artikel »Kostenexplosion beim Blauen Wunder nicht nachvollziehbar«

Kommentar von Dr. Michael Damme zum Artikel »Kostenexplosion beim Blauen Wunder nicht nachvollziehbar« (Juli 2021)

Eine richtige Überschrift, der ich mich mit ein paar fachlich untersetzten Gedanken anschließe. Die Stadträte und Lokalpolitiker überboten sich, wie zu lesen ist, mit Kostenprognosen zur Sanierung, dass es einem schwindlig wird. Alle genannten Zahlen über den vom STA anfangs prognostizierten 35 – 45 Mio Euro sind völlig unplausibel und lokalpolitische, phantasievolle Träumereien.

Die Sanierung des „Kleinen Blauen Wunders“, der Hafenbrücke kostete abschließend 3,5 Mio Euro. Mit den von Herrn Modschiedler (CDU) gegriffenen 160 Mio Euro könnte man also 47(!) solcher „Kleinen Blauen Wunder“ sanieren. Man könnte damit heute auch mindestens 2x die Sachsenbrücke Pirna-Heidenau (besteht aus 2 getrennten 1.070 m langen Brückenbaukörpern) neu über die Elbe bauen. Herr Löser (Grüne) schreibt in der Sächsischen Zeitung vom 28. April 2021, dass etwa 5 Mio Euro pro Jahr für die Sanierung notwendig sind. 5 Mio Euro Bauleistung pro Jahr an der Brücke realisieren, nenne ich sportlich, aber machbar. In Bezug auf die o.g. genannten 160 Mio Euro bedeutete das übrigens eine Bauzeit von 32!! Jahren. Also verlassen wir das Feld der Fantasien.

Ich war selbst mit meinen Kollegen der Firma DYWIDAG an der Vorbereitung und Durchführung zahlreicher Brückenbauwerke, eben auch der Sachsenbrücke, aktiv und tiefgründig beteiligt. Aber auch an zahlreichen Sanierungsaufgaben (Stadtbrücke Pirna, Marienbrücke Dresden u.v.a.) haben wir mit DYWIDAG gute Referenzen vorzuweisen gehabt.

In Bezug auf das Blaue Wunder möchte ich vergleichend an die Komplettsanierung der großen Bahnsteighalle des Neustädter Bahnhofs erinnern. Auch hier musste der Hallenstahlbau (Länge 146 m, Breite 70 m, H ca. 25 m) komplett saniert werden. Es mussten annähernd die gleichen Arbeiten an der genieteten Konstruktion (erbaut 1898 – 1901) ausgeführt werden, wie sie am Blauen Wunder anstehen, nämlich:

  • Stahltragwerksteile ertüchtigen
  • Gerüstbau mit Einhausungen durch dichte Schutzfolien
  • Strahlarbeiten
  • Korrosionschutzanstriche

Bei der Sanierung des Neustädter Bahnhofs, die DYWIDAG als Generalunternehmer von der DB beauftragt ausführte, wurden u.a. 500 t Stahlteile ersetzt (kleines Detail: Verbindungen erfolgten mit Rundkopf-Schrauben, ähnlich der Nietenoptik), 4.100 m² Glasscheiben ausgewechselt, Schmuckelemente an den Giebeln saniert, eine neue Entwässerungs- und Beleuchtungsanlage und eine neue Dachhaut unter einem extra erstellten Wetterschutzdach aufgebracht. Der Bahnbetrieb (400 Züge/Tag) wurde unter einem staub- und wasserdichten Schutzdach weitgehend komplett aufrechterhalten.

Dass diese Aufgabe denkmalgerecht, mit den prognostizierten Kosten und zum Termin realisiert werden konnte, lag an einer guten Gesamtplanung (IPRO Dresden), einem ausgeklügelten Terminkonzept (DYWIDAG), einem sehr guten Gerüstbauprojekt (IB Noack), aber vor allem lag es am kooperativen Zusammenwirken der beteiligten Planer, Behörden, dem Bahnhofsmanagement und der beauftragten Firmen unter einer guten Bauleitung. Der ganze Spaß kostete damals kurz vor der Währungsunion 30 Mio DM also ca. 15 Mio €.

Sanierung des Bahnhofs Dresden-Neustadt,
Foto des Zeitungsausschnitts: Dr. Michael Damme

Es ist zu hoffen, dass es dem STA gelingt, auch solch eine Partnerschaft auf die Beine zu stellen, dann ist mir auch um die Kosten- und Terminfrage nicht bange. Weitere Stadtratsbeschlüsse nach den fünf seit 1996 erübrigen sich. Ein vernünftiges Ablauf- und Gerüstbaukonzept und eine Ausschreibung an einen Auftragnehmer (Bietergemeinschaft) würden Grundlage für eine geordnete Baumaßnahme sein.

Es wäre wünschenswert, dass sich einige Politiker der Stadt mit Prognosen zu Kosten und Bauzeit für so eine der wichtigsten Bauaufgaben der Landeshauptstadt zurückhalten und den Fachleuten im STA und deren externen Planern das Heft des Handelns überlassen. Vor allem ist denen eine erfolgreiche Vergabe der anstehenden Leistungen zu wünschen, den es gibt nicht mehr solche Baukapazitäten wie noch im Jahre 2001.

Der Elbhangkurier wird den Verlauf des für unsere Menschen, die hier leben, hoffentlich weiter aufmerksam verfolgen und uns regelmäßig darüber berichten.

Dr. Michael Damme

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