Editorial Dezember 2021

Mit dem Weihnachtsheft wollen wir an die heute verklärte Welt des Spielzeugs, der schönen alten Puppen und Teddys erinnern – die aber auch eine Welt der Armut und Zerstörung war.

Holger Friebel

Als die Bergleute im Erzgebirge kein Silber oder Zinn mehr fanden, wurden sie Männelmacher
und Spielzeugschnitzer. Gerade kehrt sich das wieder um, weil die Digitalisierung des Lebens selbst nach kleinsten Metallresten im Berg schreit. Es ist gelungen, die ganze Menschheit davon zu überzeugen, dass sie aller zwei Jahre neue Software, Handys, Computer zu brauchen glaubt – im Namen des heiligen Wachstums – sogar im Erzgebirge.
Davon, dass sie eine Impfung brauchen, konnte nur die Hälfte der Sachsen überzeugt werden.
Die Wucht der vierten Pandemie-Welle mit mehr als fünffachen Inzidenzwerten als im Vergleich zum Lockdown vor einem Jahr trifft nun alle. Weihnachten  ohne Weihnachtsmarkt  und wieder im Lock- down? – Jetzt endlich müsste doch Schluss sein mit der (nicht nur sächsischen) Impfskepsis!
Stattdessen spaltet sich die Gesellschaft in Unbelehrbare, die eigene »Wahrheiten« vertreten, und solche, die darüber fassungslos mit den Köpfen schütteln.
Das geht – sehr unweihnachtlich – bis in Familie, Firma, Verein oder Freundeskreis hinein. Christlich wäre, den Nächsten zu lieben, etwas für die Gemeinschaft zu tun – sich impfen zu lassen! – Die bereits geboosterten Senioren und viele Jugendliche machen es uns vor.
Dass an der katastrophalen Entwicklung auch diverse verstolperte Aktionen der deutschen Kleinstaatereipolitik viel Anteil haben, macht wenig Lust auf 2022, in dem gleich drei Parteien den Karren in verschiedenen Richtungen aus dem Dreck ziehen wollen.
Manche Dinge lassen sich reparieren. Bei unbelebten Wesen wie Puppen und Teddys ist das meist gut zu bewerkstelligen
(S. 8 und 10). Aber eine ruinierte Gesundheit, emotionale Schäden von Depression bis Dauerfrust und zerstörte Freundschaf- ten sind schwer wieder zu heilen. Eine lange harte Zeit liegt also noch vor uns.
Hoffnung machen junge Menschen, die in dieser Zeit besessen zu malen beginnen wie Benjamin Schulze (S. 24) oder Vereine, die alte Uhren und sich selbst wieder zum Laufen bringen wie der Elbhangtreff  in Niederpoyritz (S. 32).
Die Redaktion wünscht besinnliche Festtage und ein besseres neues Jahr 2022.

Veröffentlicht unter Allgemein, Artikel aus der Print-Ausgabe, Der Elbhang-Kurier