»wohin und überhaupt« fragt der Autor Hans-Jörg Dost

Kurze (regionale) Buchvorstellung

Der Sender MDR KULTUR vermittelt seinen anspruchsvollen Hörern gelegentlich »Musik aus der Region«. Da erscheint es angemessen, wenn der Elbhang-Kurier seine Leser im Folgenden auf aktuelle »Literatur aus der Region« hinweist, im vorliegenden Fall aus der Bücherlandschaft Blasewitz/Striesen, wo beispielsweise auch »Die rechtschaffenen Mörder« (von Ingo Schulze) ihre Wurzeln haben.

»Pfarrer i.R.« Hans-Jörg Dost – hier nicht im Talar, aber stets zu Anekdoten aufgelegt. Noch als Student entschied er sich zu DDR-Zeiten für eine Braut »aus dem Westen«; als er sie – in der DDR – heiraten wollte, musste er die Behörden z w i n g e n , ihr einen DDR-Personalausweis auszustellen.
Foto: privat

Hier ist seit Jahren der Autor und Ruheständler Hans-Jörg Dost (82) zu Hause, den wir nicht vordergründig den »Schriftstellern« zuordnen wollen, da er über Jahrzehnte als evangelischer Pfarrer in Sachsen und Thüringen – ab 1994 zehn Jahre auch in Österreich – sein Berufsleben hatte. Das hielt ihn aber nicht davon ab, sich bereits als (Theologie-)Student und später immer wieder mit (international beachteten) Hörspielen, Gedichten oder erzählender Prosa zu Wort zu melden. Solchen auch in dieser Weise agierenden Pastoren kann man durchaus unbefangen zuhören. Der Autor nennt sein 2022 im NOTschriftenVerlag Radebeul erschienenes Buch »wohin und überhaupt« nicht etwa einen Roman, sondern er kündigt »77 Episoden aus dem Leben des Heranwachsenden Johannes Leutscher …« an. Hinter dem fiktiven Namen verbirgt sich der Autor selbst, der seit 1941 in Leipzig als einziges Kind eines selbstständig tätigen (bürgerlichen) Drogistenehepaars aufwächst, kein Abitur machen darf – weil kein »Arbeiterkind« – und dann dennoch in Leipzig Theologie studieren kann (wie seinerzeit sein Kollege Hanno Schmidt, dem der EHK im März einen Nachruf widmete). Die damit verbundene Biografie bietet – zumal für Leser, die in der DDR »groß geworden« sind, aber auch für aufgeschlossene »Zugereiste« – genügend Stoff für eine inspirierend-zeitnahe Lektüre des etwas rätselhaften Titels, der sich wie eine Art Bildungsroman liest. Mancher DDR-Erfahrene wird den jahrelangen »Hindernislauf« nachvollziehen können, den vor allem die »nichtangepassten« DDR-Bürger im beinahe endlosen Vorfeld der »Wende« bewältigen mussten. Da dürfen auch einige selbstkritisch eingestandene Schwächen der Betroffenen (einschl. Autor) artikuliert werden, aber letztlich überwiegen Ermutigung, Humor (Polit-Satire?) und ein Schuss Altersweisheit, die anhand der »77 Episoden« auch eine hilfreiche Anleitung für die Bewältigung zeitnaher Probleme bieten. Das letzte Kapitel – AUSBlick – spricht denn auch zukunftsgewiss vom »offenen Visier«. 340 Seiten erwarten den Leser/die Leserin.

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