Weg 14: »Lauenstein – Niederschlottwitz«

»Zeigefinger in sächsischer Landschaft«

Oktober 2024: Weg 14: »Lauenstein – Niederschlottwitz«
von Dr. Michael Damme und Matthias Griebel

Auf und ab im Osterzgebirge

Es ist der letzte Tag im Oktober 2011, als zwei Unentwegte zu dieser Tour in das Osterzgebirge aufbrechen. Eigentlich wollten wir das Auto in Weesenstein oder Burkhardtswalde abstellen, mit der Eisenbahn nach Lauenstein fahren und über Liebstadt zurücklaufen. Nach der Wanderung kann der Endpunkt aber nur Schlottwitz sein (Auto also am Bhf. Niederschlottwitz abstellen), weil der Weg von Schlottwitz bis Weesenstein nur ungesichert auf der stark befahrenen Landstraße entlang führt. Von Niederschlottwitz fährt man bequem mit dem Triebwagen bis Lauenstein. Ein Autohalt an der Müglitz, unterhalb des Schlosses Weesenstein ist jedoch Pflicht am Beginn des Tages, nicht nur wegen des imposanten Baues.

Schloss Weesenstein. Foto: Dr. Micheal Damme

Schloß Weesenstein:
Das 1318 erwähnte Bergschloß als Gebetsstätte der alten Straße nach Böhmen war ehemals im Besitz der Burggrafen von Dohna. Mit der Dohnaischen Fehde (14029 FIEL Weesenstein an die Markgrafen von Meißen, die es denen von Bühnau überließen, welche im 18. Jahrhundert auch die Herrschaften Tetschen und Lauenstein erwarben und hier bis 1772 ansässig blieben.
1830 ging das Schloß, dessen Baukörper im Wesentlichen aus dem 16. Jahrhundert stammt, durch Ankauf von Prinz Anton an die königliche Familie über. Seit 1838 hielt sich häufig der spätere König Johann hier auf und arbeitete an seinen Studien und Übersetzungen zu Alighieri Dante (1265-1321). Die vielgliedrige Schloßanlage mit Oberburg, Niederschloß, Burgkapelle und Parkflügel sowie dem Pavillon-und mit Statuen geschmückten französischen Landschaftspark ist in ihrem grandiosen Erhaltungszustand bedeutsam. Von besonderem Wert ist auch die repräsentative Wohnraumausstattung mit ihren Möbeln, Tapeten und Kunstgegenständen.
1933 wurde das Schloß Eigentum des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, kam nach 1945 in Landesbesitz und nach 1990 an die Schlösserverwaltung des Freistaates Sachsen.
Die an der Müglitz liegende Gemeinde entwickelte sich um 1500 aus der unter der Burg liegenden Siedlung und da kein Feldbau möglich war, ernährten sich die Bewohner mit Handwerk und Tagelöhnerei.


Die Schautafel rechts neben der Brücke erinnert mit großer Deutlichkeit an das Hochwasser im August 2002 – da muss man einfach innehalten und über die Kraft der Natur mit der wir leben sinnieren.
Nach knapp 30 min haben wir den Haltepunkt Lauenstein unterhalb der Stadt erreicht- das alte Bahnhofsgebäude steht leer, wie so viele andere im Erzgebirge, die auch mit das Bild der Orte hier prägten – na, ja –nichts ist von Dauer, nur die Veränderung. Auf geht’s die Bahnhofsstraße 1 km entlang, vorbei am „Brechgarten“ – die Zecher wissen was das ist – und genießen den herrlichen Blick auf das trutzige Schloß. Nach einer kleinen Runde über den Schloßhof geht es vorbei am Falknerbrunnen über den „schiefen Markt“ und einem kleinen Abstecher in die Stadtkirche. Die Schloßstraße und den Rosensteig hinab ins Müglitztal, „…dem schönsten Tal Sachsens“, so sagte einst König Johann, und auf der anderen Seite die Talstraße und den Erbgerichtsweg (grüner Punkt) bis auf über 600m Höhe. Ein Blick geht zurück nach Lauenstein und Richtung Geising-Altenberg. Am Ende des Erbgerichtsweges erreichen wir Liebenau nach 2 km in Höhe des Bauernmuseums.

Schlossberg und Rückblick vom Geising. Foto: Dr. Michael Damme

Lauenstein:
Um 1200 wurde die Burg von den Markgrafen von Meißen im Zuge der Rodungsgründungen im Osterzgebirge zur Beherrschung der Paßstraßen errichtet. Nach verschiedenen Belehungen an Ministeriale und Burggrafen wurde sie 1429 von den Hussiten belagert, wurde Sitz kurfürstlicher Vögte und kam schließlich 1464 an den Freiberger Bergbauunternehmer Hans Münzer.
Nach ihm erwarben 1517 die beträchtliche Herrschaft Lauenstein die von Bünau, die hier bis 1821 nachgewiesen sind. Nachbesitzer wurden bis 1945 die Grafen von Hohenthal. Die Siedlung um die Burg- dann Schloßanlage wird 1340 erstmalig genannt, bekam 1374 Marktrecht und 1494 Stadtrecht und blieb stets mit der Grundherrschaft verbunden. Die Stadtkirche, eine beachtliche spätgotische Hallenkirche, entstand nach dem Brand eines Vorgängerbaues in den Jahren 1596-1602. Kriegsschäden (30-ig jähriger Krieg) wurden 1653-1655 beseitigt, Brandschäden 1668, und 1774, 1871 und 1896 erfolgten bauliche Veränderungen im Inneren. Dabei wurden die wertvollen Deckenmalereien wieder aufgefunden und nachfolgend restauriert. Bedeutend ist das grandiose Sandsteinepitaph in der Kapelle derer von Bünaus, der Altar, das Taufbecken und die Kanzel, geschaffen vom einmaligen Pirnaer Bildhauer Michael Schwenke um 1600.


Wir wenden uns auf der Hauptstraße nach links und biegen in Höhe der Kläranlage rechts auf einen Feldweg ab, der entlang des Liebenauer Baches in den Trebnitzgrund führt – 1 km.

Tebritzgrund und Talstimmung. Foto: Dr. Michael Damme

Nun folgt eine herrlich entspannende Wanderung über 5 km durch einen Wald- und Wiesengrund, immer der grünen Markierung folgend. Dass die ehemals gut besuchten Mühlenwirtschaften an der Trebnitz geschlossen sind und verfallen, trübt unser Wohlgefühl etwas.
Nun kommt ein kräftiger Aufstieg rechts die „Plosse“ hinauf bis zu den Wiesen auf der Höhe – 1,5 km. Links geht es auf der Straße bis Berthelsdorf – welch Wunder, der Dorfgasthof hat auf und schenkt Rechenberger Bier aus! Weiter geht’s durchs Dorf und dann links hinauf (gelbe Markierung) und durch die Kleingartenanlagen hinunter den „Gänsehals“ bis nach Liebstadt, die Burg Kuckuckstein vor Augen. Nach 2,5 km vom Ende der Plosse sind wir in Liebstadt. Die blühenden Landschaften haben wir im Walde gesehen – hier aber kann der MDR noch ohne hohe Kosten einen Film mit DDR-Flair drehen.

Ehemals volkseigener Betrieb, Blick zum Schloss von der Kirche. Foto: Dr. Michael Damme



Liebstadt und Schloß Kuckuckstein:
Wohl die Burggrafen von Dohna legten das feste Haus Liebstadt um 1200 zur Sicherung der Paßstraße nach Böhmen an. Der heutige Name „Kuckuckstein“ entstammt erst dem Zeitalter der Romantik.
Nach 1402 (Dohnanische Fehde) kam die Burg an das Herrengeschlecht von Bünau, das es über 200 Jahre innehatte.
Von 1775-1930 gehörte das Schloß der Familie von Carlowitz. Aus ihr ist besonders der hochgebildete Schloßherr Karl Adolf von Carlowitz (1771-1837) zu nennen, der in Napoleonischer Zeit als Patriot und Kämpfer gegen die Fremdherrschaft hervortrat; er führte 1813 das „Banner der freiwilligen Sachsen“.
Nachbesitzer der Carlowitzer war dann der Dresdner Industrielle Heinsius von Mayenburg – der „Chlorodont“-Fabrikant.
Das einst kleinste Städtchen Sachsens war bereits 1790 in die politische Geschichte getreten, als der Liebstädter Seilermeister Benjamin Geißler im Zusammenhang mit den sächsischen Bauernunruhen als Verfasser programmatischer Flugschriften auftrat.


Nun hinauf zur spätgotischen Stadtkirche, mit deren Bau 1499 begonnen wurde. Das Datum ist über einer Tür zu einer Sakristei eingemeißelt. Die zweietagigen Emporen sind sehenswert. Der mit einem roten Balken markierte Weg geht 1,5 km hinauf vorbei an den „Vierlingsbuchen“, dem Roten Vorwerk bis hin zur Martersäule. Unser markierter Weg kreuzt die Landstraße nach Seitenhain und führt über den Eichleitenweg durch den Wald 2 km bis ins Tal nach Schlottwitz (slawisch „Slatewicz“).
Aber wir wollen mit einem besonderen Blick Abschied vom Wald nehmen. Nach 1 km durch den Ort geht es rechts parallel zur Müglitz im NSG zum Eibenwald mit einer etwa 1000 jährigen Eibe. Nach 2 km am Hang entlang stoßen wir wieder auf die S178, wo auch das sehenswerte Steinkreuz an der Hirschsteinkuppe steht. Der Sage nach ist hier im Jahre 1500 ein Jäger des Burggrafen zu Dohna bei der Hirschjagd samt Pferd abgestürzt. Viel später fand man die Gerippe, Armbrust und Hirschfänger und setzte dem Armen diesen Gedenkstein. Wir laufen noch 0,5 km bis zum Haltepunkt Bhf. Niederschlottwitz zurück und sind am Ziel.
Knapp 20 km durchs Osterzgebirge haben wir erwandert und begriffen, dass es die Menschen hier immer schon schwer hatten, aber trotzdem dieses Land lieben müssen.

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