»Zeigefinger in sächsischer Landschaft«
Dezember 2024: Weg 16: »Von Freiberg an der Mulde entlang bis Nossen« von Dr. Michael Damme und Matthias Griebel
Glück Auf! – Weg
Am Sonntag, den 8.6.2015 starteten wir zu einer Wanderung entlang der Freiberger Mulde. Hier wo im Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert hinein der Reichtum Sachsen aus der Tiefe der Erzgruben gefördert wurde und wo uns auf dem Weg etliche Zeugen, teilweise zerfallend, daran erinnern. Das Auto stellen wir auf dem Untermarkt ab, direkt hinter dem Chor vom Dom. Es ist kurz vor 10 Uhr und der Gottesdienst beginnt gleich.
Freiberg:
Nach den Silberfunden von 1168 gründete Markgraf Otto „der Reiche“ am Örtchen Christiansdorf die Stadt Freiberg, erwarb beim Kaiser das Bergregal und fortan fungierte Freiberg, die „Mutter der Bergstädte“ als Sitz des Oberbergamtes und war bis in das 15. Jahrhundert das ökonomische Zentrum der Mark Meißen. Der Silberbergbau förderte bis zum Jahre 1913 5,5 millionen Kilogramm Silber, auch wurde der Abbau von Zinn und Wolfram bis 1969 vorgenommen.
Als Stadt der Bildung war Freiberg seit 1515 durch die weithin führende Lateinschule bedeutsam und 1765 gründete der Landesherr, der Sohn August des Starken, König August III. in Polen, mit der Bergakademie die erste Montanuniversität der Welt. An ihr wirkten zahlreiche Wissenschaftler und Gelehrte von europäischem Rang. Auch als Münzstätte, Handelszentrum sowie durch den Orgelbau von Gottfried Silbermann (seit 1723 Hoforgelbauer) war Freiberg von Bedeutung.
Geschichtliche wie bauliche Dominante bildet der spätgotische Dom St. Marien mit der „Goldenen Pforte“ von 1225-1230, in welchem 1541 bis 1694 die evangelischen Wettiner – darunter neun Kurfürsten – beigesetzt wurden. Schloß Freudenstein, an Stelle einer markgräflichen spätromanischen Burg errichtet, erhielt seine spätere Gestalt im 16. Jahrhundert und wurde 1578 fertiggestellt. In ihm befindet sich heute die bedeutende Mineraliensammlung „Terra Mineralica“, deren Pendant die seit 1765 angelegten Geowissenschaftlichen Sammlungen der Bergakademie sind. Stadt- und Bergbaumuseum, naturwissenschaftliche und spezielle technische Sammlungen sowie Lehr und Besucherbergwerke „Himmelfahrt Fundgrube“, „Reiche Zeche“ sowie die Übertageanlage „Alte Elisabeth“ sind weitere Markenzeichen des heutigen Freiberg.
Unser 21 km langer Weg beginnt hier. Wir biegen nach links in die Untergasse und an der Stadtmauer nach rechts in die Mönchsgasse ein, überqueren die B173 und gelangen über eine kleine Treppe links in das Münzbachtal. Die Ufermauern des kleinen Gewässers sind nach dem Hochwasser von 2002/2013 aufwendig ausgebaut worden. Nach 0,8 km biegen wir hinter einem Wasserrückhaltebecken links ab und gleich wieder rechts und folgen dem Münzbach nach Lößnitz. Nach 2 km geht es links „Am Försterberg“ hinauf. Nach dem letzten Anwesen durch einen dichten Wald stoßen wir nach 1,7 km auf die Leipziger Straße. Hier scharf rechts in das Waltersdorfer Tal folgen wir dem Kleinwaltersdorfer Bach lange Zeit.
Es geht durch ein wunderschönes Tal. Rechts und links ist dichter Wald und dazwischen ausgedehnte Wiesen auf denen das Knabenkraut blühte und ein kräftiger Fuchs vor uns aufgewacht sein muss und Reißaus nahm. 1,6 km weiter verlassen wir nach links hinauf den Talweg und machen an dem 1749 künstlich angelegten Zechenteich eine kleine Rast. Der Teich ist eines von vielen Relikten aus der Blütezeit des Bergbaues hier im Norden des Erzgebirgsrandes denen wir auf unserem Wege noch öfters begegnen werden.
Wieder zurück auf den Talweg, der hier „Unterer Mühlweg“ heißt.
An einer Viehweide entlang geht es hinauf zu einer kleinen Siedlung, vorbei am Hasenborn und links hinunter über die Münzbachtalstraße und rechts in „An der Schleiferei“ bis nach Rothenfurth, dem unteren Ortsende von Großschirma (1,7 km). Hier etwa 0,3 km die Hauptstraße hinauf und dort nach rechts zwischen den Gebäuden der Agrargenossenschaft oberhalb der ehemaligen Kartonagenfabrik vorbei (ehemaliger weltweiter Versorger mit Bierdeckeln!) geht’s nach oben und steil über dem Muldental etwa 1,6 km bis wir wieder am Ufer der Mulde ankommen. 0,5 km an der Mulde entlang, parallel zum Damm des ehemaligen Erzkanals, vorbei an der Ruine vom alten Kahnhebewerk (im 17. Jh. das größte Schiffshebewerk der Welt!), kommt von links die „Glückauf-Straße“ von Großvoigtsberg herunter. Hier steht die alte Wäsche und das Huthaus, ein bedeutendes Gebäude der „Grube Christbescherung Erbstolln“ aus der Hochzeit des Bergbaues, das nun dem Verfall preisgegeben ist. Gegenüber dem Klärwerk gehen wir die Lindenstraße über die Brücke, wo unterhalb zwei Angler „Fliegenfischen“.
Gleich hinter der Brücke nach links einen Wiesenweg entlang bis zu einem Gartentor. Der Besitzer hat es für Wanderer offen gelassen. Vor seinem Haus nach links hinauf einen Schleichweg bis zum Muldenweg, vorbei an einer Pferdekoppel und dann wieder hinab bis zur Mulde 0,5 km. Diesen wunderbaren Weg (s. v. Bild links) an der Mulde, der vor Kleinvoigtsberg auch so heißt, folgen wir 1,0 km. Dann hinüber über den Fluß und gleich an der ehemaligen Oelmühle nach rechts hin zur „Alten Wäsche“ (s.v. Bild rechts) deren Natursteingebäude nun gerade zerfallen. Der Weg schwenkt nach links hinauf und führt über einen kleinen Wiesenweg in das Dörfchen bis zum Schulweg auf den wir rechts abbiegen. Vorbei am geschlossenen „Alter Gasthof Klein-voigtsberg“ gelangen wir auf den nach rechts abbiegenden Hammerweg unterhalb der alten Erzhalde des Fundschachtes der „Grube Alte Hoffnung Gottes Erbstolln“ 0,6 km.
Auf dem Hammerweg weiter bis ins Tal zur Bergmannstraße, auf der wir wieder ans Ufer der Mulde gelangen. Vorbei an den Resten des alten Treidlerkanales auf dem das Erz zur Hütte in Halsbrücke transportiert wurde. In dieser Idylle aus Natur und Geschichte haben sich Künstler niedergelassen, die für interessante Überraschungen sorgen. Hier auf der linken Seite flussabwärts bis zu den Industriegebäuden der ehemaligen Maschinenfabrik F.A. Münzner. Nun nach rechts über die Brücke und auf der Straße „Buchenweg“ weiter bis von links die Dorfstraße von Kleinvoigts-berg kommend auf unseren Weg trifft 1,7 km. Wir sind weiter rechts der Mulde auf der Straße, dem Buchenweg, unterwegs, der dann „Am Zollhaus“ heißt. Besser ist es aber wohl links über die Brücke zu gehen und nach ein paar Metern rechts in einen Naturweg am linken Muldeufer einzuschwenken, der einen genauso etwa 1,4 km bis zur S 195 führt, da wo die Bobritzsch in die Mulde mündet. Dort entschieden wir uns nach links über die Brücke und dann nach rechts der kleinen Asphaltstraße zu folgen.
Im Nachhinein hätten wir besser nach rechts gehen und nach 200m links auf eine Straße parallel zur Bobritzsch abbiegen sollen die uns auf einen langen Wald- und Wiesenwanderweg geführt hätte, der erst am Ortseingang von Nossen wieder über eine neue Fußgängerbrücke auf das linksseitige Ufer führt. Egal – nach 2,5 km, vorbei an einer Lederfabrik unterqueren wir die Autobahnbrücke der A4.
Siebenlehn:
Aus dem herrschaftlichen „Sieben Lehen“ ging um 1370 die Bergstadt hervor, wo bis in das 17. Jahrhundert Silber-und Kupferbergbau betrieben wurde. Im 19. Jahrhundert erfolgte die Industrialisierung insbesondere mit Leder- und Schuhfabrikation.
In Siebenlehn wurde die Botanikerin und Naturforscherin Amalie Dietrich (1823-1891) geboren, die als erste weibliche Forschungsreisende in Australien wirkte.
Am Ende der 1930 er Jahre wurde für die Reichsautobahn Dresden – Chemnitz die 403 m lange und 72 m hohe Autobahnbrücke über die Mulde errichtet.
1994-1997 erfolgte der 6-spurige Ausbau. Die Brücke erhielt unter Beibehaltung der alten Pfeiler einen breiteren Stahlverbundüberbau.
Der Weg von der Brücke, die „Otto-Altenkirch-Straße“, geht in die Eichholzgasse über, die uns wieder vorbei an einem alten Erzschacht und einem kleinen Heimatmuseum direkt auf die Dresdner Straße nach Nossen führt 2,4 km. Gehen wir nach rechts über die Muldebrücke, so steht dort ein Gebäude in dem noch heute Leder gegerbt wird – eine so genannte Sämischfabrik. Das letzte kurze Stück steil hinauf zum Schloß bis zur Stadtkirche (mit der Walfischrippe über dem Portal) bis zur Postdistanzsäule am unteren Ende des Nossener Marktes 0,5 km, dem Ziel diese kulturhistorisch beeindruckenden Weges durch ein ganz besonderes sächsisches Revier – Glück auf!
Mit dem Regiobus 750 fahren wir 30 Minuten zurück bis zum Schloßplatz nach Freiberg.
Nossen:
Im Tal der Freiberger Mulde als Nuzzin (altsorbisch Bergsporn, Felsnase) belegt, wurde es 1376 Städtchen. Die 1185 erwähnte Ritterburg fiel 1430 an das nahe Kloster Altzella und bei dessen Auflösung 1540 an den Landesherrn.
Unter Kurfürst August erfolgte 1554-57 ein Umbau zum Renaissanceschloss als „Jagd- und Reiselager“. 1775 vom Dresdner Hof aufgegeben, folgten Nutzungen als Gefängnis und Arbeitshaus.
1954 – 1989 Behördensitz und seither Museum sowie Wohnkomplex.
Die Pfarrkirche von 1565 wurde 1722 im Stil der Renaissance umgebaut und erhielt beide Kirchenportale vom säkularisierten Kloster Altzella.
Im Ort boten Marktwesen, Gerbereien sowie Papier- und Metallwarenfabriken den Bewohnern ihr Auskommen.