Robert und Clara Schumann in Dresden

Theater-Ausblick auf das 20. Elbhangfest: „Wenn der Mensch nur will – er kann ja ALLES“

Auf seine schwindenden Schatten werfen wir aus unserer Zukunft Licht. Kaum ein Fleck, wo es nicht hinfällt. Kaum ein Schatten, der sich dadurch erhellt:

„Wenn ich Leipzig ziehen lassen könnte, Dresden würde mich empfangen. – Und was würde uns in Dresden halten?“

Robert Schumann Foto: „Künstler am Dresdner Elbhang“

Robert Schumann
Foto: „Künstler am Dresdner Elbhang“

Vier Jahre sind sie nun verheiratet. Gegen den Willen ihres Vaters. Auf der Leipziger Inselstraße haben sie eine gemeinsame Wohnung. Er hofft auf
die Berufung zu Mendelssohns Nachfolger als Gewandhauskapellmeister. Sie will auf Tournee konzertieren. Er kann auf Tournee nicht arbeiten. Die Stimmung im Hause Schumann steht nicht zum Besten. Die Finanzen auch nicht. Die Familie hofft, durch einen Ortswechsel könnte sich die Lage wenden. Clara Schumann überredet ihren Mann, nach Dresden zu ziehen. Dort wohnt seit einiger Zeit ihr Vater, der Musikpädagoge Friedrich Wieck. Dresden ruft, leise aber vernehmbar: konservativ – aber beschwingt! Im Frühjahr 1844 besteigen sie die Eisenbahn. Leipzig – Dresden: eine Tagesreise.

Robert:  „– mhm …“
Clara:  „Ja? Hören sie: er ist begeistert!“

Clara Schumann Foto: „Künstler am Dresdner Elbhang“

Clara Schumann
Foto: „Künstler am Dresdner Elbhang“

Dresden – wie bald auch Wien – empfängt sie distanziert. Ein Lichtblick für das Ehepaar Schumann wird der heute zu Unrecht vergessene Komponist Ferdinand Hiller. Seine Frau Antolka Hiller lädt zum Konversationssalon, eine der ersten Adressen in Dresden. Doch Hiller verabschiedet sich bald aus Dresden. Ihm ist es zu eng.

„Um über Musik zu reden, habe ich Hiller, um über Musik zu schweigen, habe ich meinen Robert.“

Jahre später wird Claras Halbschwester Marie schreiben: „Während es in Leipzig niemals an Abonnementkonzerten fehlte, konnte Clara sich in Dresden sehr schwer einbürgern und halten, vielleicht zum Glück für die hiesigen Künstler, die dadurch den Spielraum für ihre eigenen Konzerte behielten. Selbst Wagner mit der Königlichen Kapelle konnte es zu regelmäßigen Konzerten nicht bringen.“ Von Schumann kein Wort. Der hofft, er könne nun in Dresden arbeiten. Hofft auf „heiteres Befinden“, was sich auch einstellt. Glaubt an Wagners Impulse für die hiesige Musikwelt – der „Fliegende Holländer“ brachte ihm den Posten des Hofkapellmeisters – und wird enttäuscht. „Mit der Kapelle ist nichts anzufangen, ohne sie auch nichts…“ schreibt er an Mendelssohn.
Die Familienfehde mit dem Schwiegervater gibt zusätzliche Spannung. Er veranstaltet – genauso wie Clara – einen Musiksalon, in dem er nun seine zweite Tochter Marie und ihr „maschinenmäßiges Spiel“ vorführt. Dazu kommt seine Herabwürdigung für Robert. Die noch in Leipzig versuchte Versöhnung hat schon wieder Wunden.

„– er hat eine neue Art zu vernichten, er stößt einem das Messer mit dem Griff ins Herz…“

Friedrich Wieck  Foto: „Künstler am Dresdner Elbhang“

Friedrich Wieck
Foto: „Künstler am Dresdner Elbhang“

Wagners Erfolge an der Dresdner Oper bewegen Schumann, sich nach oberflächlicher Stoffsuche nun intensiver mit der Oper auseinanderzusetzen. Er sucht bei E. T. A. Hoffmann und Calderón und bleibt bei Hebbels „Genoveva“ hängen. Der Kinderbuchautor Reinick soll ihm bei dem Libretto helfen. Doch bald kommen Bedenken. Schumann sieht sich gezwungen, auch die Textbearbeitung selbst zu übernehmen. Wagner bietet ihm Hilfe an, Schumann lehnt umgehend ab. Die Oper wird fertig und nun lehnt Dresden ab. Leipzig bietet sich an, doch auch nach diesen Aufführungen will sich für das Stück kein dauerhafter Erfolg einstellen. Vorurteile über die verworrene undramatische Handlung verbreiten sich schnell.

Ein neues Schaffensfeld tut sich zudem auf: Dresden ist mit 35 Männerchören eine Hochburg des Gesangs. Doch der bisher gepflegte Chorgesang ist Schumann zu trivial. Im Winter 1848 gründet Robert Schumann den „Chorgesangverein“ – ein gemischter Chor, der sich vorwiegend weltlichen und zeitgenössischen Liedern widmen soll. Clara begleitet den Chor am Flügel. Regional stellt sich überwältigender Erfolg ein. Er komponiert in den folgenden Jahren über 200 Lieder für Chöre, darunter auch die „Freiheitsgesänge für Männerstimmen“ – Schumann ist überzeugter Republikaner. Als er in den Revolutionswirren 1849 nach Maxen auf das Familiengut von Major Cerre flieht, hält er es unter soviel Adel nicht lange aus und zieht voller Zorn in das Kreischaer „Hotel am Bach“.

„Sie erhalten hier ein paar Märsche, aber keine alten Dessauer, sondern eher republikanische. Ich wußte meiner Aufregung nicht besser Luft zu machen –“

Marie Wieck Foto: „Künstler am Dresdner Elbhang“

Marie Wieck
Foto: „Künstler am Dresdner Elbhang“

Trotz der vielen Beeinträchtigungen und der unerfüllten Hoffnung auf die Nachfolge Wagners als Hofkapellmeister wurde die Dresdner Zeit eine der fruchtbarsten Schaffensperioden in Schumanns Leben. Ein Drittel seines gesamten Werkes ist hier entstanden. Nach und nach fand er Anerkennung als Komponist. Die nächste Station war Düsseldorf. Schumann wurde dort 1850 zum „Städtischen Musikdirektor“ berufen. Diese Position bekleidete er nur ein Jahr. Er starb 1856 in der Nervenheilanstalt Endenich. Clara Schumann überlebte ihren Mann um 40 Jahre und wurde in Bonn neben ihm bestattet. –
In unserem Programm spüren wir der Dresdner Zeit der Familie Schumann nach: Ein Musiklehrer will nach der letzten Unterrichtsstunde seine Rumpelkammer aufräumen: Noten, Bücher, Schallplatten… Ein Komponist hat es ihm ganz besonders angetan: Robert Schumann. Vergessene und wenig aufgeführte Kompositionen und Texte des romantischen Kom­ponisten finden einen Fan, der vom Hundertsten ins Tausendste kommt, der den „Kreis Wieck-Schumann“ noch einmal zum Leben erwachen lassen kann…

Johannes Gärtner


Zum 20. Elbhangfest 2010
„Der Elbhang träumt“ und anlässlich des 200. Geburtstages von Robert Schumann

„Wenn der Mensch nur will – er kann ja ALLES“
von Johannes Gärtner

Aufführungen in der Aula der Schillerschule, F.-F.-Finke-Str. 15
Sonnabend, 26. Juni 2010,
17 und 19 Uhr

Hella Ulrich, die Sopranistin Sabine Eisold, Roland Cyffka (Schumann), Claudia-Annette Cyffka (Clara), Ludwig Heinze (Vater Wieck), Pianist Franns Promnitz von Promnitzau, Kerstin Heinze (Marie Wieck) und Schauspieler und Autor Johannes Gärtner. Foto: Ulrich

Hella Ulrich, die Sopranistin Sabine Eisold, Roland Cyffka (Schumann), Claudia-Annette Cyffka (Clara), Ludwig Heinze (Vater Wieck), Pianist Franns Promnitz von Promnitzau, Kerstin Heinze (Marie Wieck) und Schauspieler und Autor Johannes Gärtner.
Foto: Ulrich

Darsteller

  • Musiklehrer: Johannes Gärtner
  • Gesang: Sabine Eisold
  • Klavier: Franns Promnitz von Promnitzau
  • Robert Schumann: Dr. Roland Cyffka
  • Clara Schumann: Claudia-Annette Cyffka
  • Vater Friedrich Wieck: Ludwig Heinze
  • Tochter Marie Wieck: Kerstin Heinze

Empfehlenswert

Rundgang vom Loschwitzer Wieckhaus auf Schumanns Spuren mit Christian Peter Mallwitz am Sonabend, 26. Juni 2010, 13 Uhr ab Friedrich-Wieck-Straße 10.

Vorlesungsreihe

Jeweils Donnerstags 18.30 Uhr stellen verschiedene Musikwissenschaftler im Stadtmuseum den Stand ihrer Forschungsergebnisse zu Schumann vor (6., 12., 20. Mai; 3. u. 24. Juni, 1. und 8. Juli; 10. u. 17. Juni Musikbibliothek.

Buchempfehlungen

  • „Glücklich – heiteres Befinden. Robert und Clara Schumanns Dresdner Jahre“, Essays
  • „Robert Schumann: Mensch und Musiker der Romantik“, Martin Geck
  • „Ich hab im Traum geweinet“ Biographie, Martin Demmler
  • „Schumann in Dresden“, Tagungsband TU Dresden
Getagged mit: , , , , , ,
Veröffentlicht unter Artikel aus der Print-Ausgabe, Elbhangfest