Ein „Waldschlößchen-Brücken-Kommentar” aus Westfalen
Brücken sollen verbinden, nicht trennen! Ich habe (nicht nur über den Elbhang-Kurier) noch viele persönliche Verbindungen in und zu Dresden. Mehrmals im Jahr besuche ich meine schöne Heimatstadt mit dem PKW und „genieße” jedesmal den Straßenverkehr. Ich kenne mich auch auf allen Nebenstraßen aus, aber wie es auswärtigen Besuchern geht, wage ich mir nicht vorzustellen. Auch ein großer Teil der in Dresden wohnenden oder arbeitenden Menschen ist ja wohl täglich auf den PKW angewiesen. Diese Probleme durch bessere Nahverkehrsangebote lösen zu wollen, ist ausgesprochen blauäugig.
Das hat noch nirgendwo funktioniert, bringt bestenfalls eine kleine Erleichterung. Und die wird durch die ständige Zunahme des Straßenverkehrs wieder zunichte. Alles Binsenweisheiten, klar. Aber genauso klar ist, dass eine Stadt am Strom ihre Brücken als wichtigste Arterien braucht. Und deshalb hat eine zusätzliche Brücke, am Waldschlößchen oder anderswo, auf jeden Fall ihre Berechtigung. Ich habe da aber verschiedene Unklarheiten: Ist die Brücke Bestandteil eines General-Verkehrsplans für den tatsächlichen Großraum Dresden?
Basiert dieser Plan auf den neuesten Ermittlungen, z. B. unter Berücksichtigung der jetzt vorhandenen Autobahn Richtung Prag? Wie wird ein dann wesentlich erhöhtes Verkehrsaufkommen auf beiden Elbseiten weitergeleitet? Als alter Hirsch-Einwohner kann ich mir das nicht so recht vorstellen. Ich denke auch an die meines Wissens nicht so übermäßig genutzte neuere Elbbrücke in Heidenau… Die Sache mit dem Weltkulturerbe möcht‘ ich lieber nicht kommentieren. Entweder es gibt eine echte Notwendigkeit für die Brücke, dann muss sie gebaut werden, Kulturerbe hin oder her, natürlich vorausgesetzt, dass es keine bessere Lösung gibt. Apropos Lösung: Ich glaube allerdings, gegen die bis jetzt vorgesehene Gestaltung der Brücke würde ich auch auf die Straße gehen!
Die derzeitige Vorgehensweise beider Seiten (Befürworter und Gegner) erscheint mir aber zu sehr polarisiert, zu wenig auf einen zukunftsorientierten Kompromiss gerichtet. Zum Nachdenken für Beide hier noch ein wirklich abschreckendes Beispiel aus Westfalen:
Die Vorgänge um die Waldschlößchen-Brücke finden selbst hier, in der westfälischen Lokalpresse, ein regelmäßiges Echo. Das traurige Schicksal der Kleinen Hufeisennase ist ja auch besonders anrührend. Die Westfalen können das aber viel besser. Hier wird seit 40 Jahren um die A 33 gerungen, die Autobahn-Verbindung zwischen Osnabrück und Bielefeld. Seit 35 Jahren wird gebaut, nur schrittweise mussten die Gegner aufgeben. Es gab mehrere tausend Gerichtsverfahren. Zuerst wurden Robin-Wood-Methoden angewendet, man errichtete Hüttendörfer auf der teilfertigen Trasse. Dann wurde der Naturschutz aufgeboten, es ging um die Bechstein-Fledermaus (ein bisschen größer als die Hufeisennase) und den Großen Hirschbockkäfer.
Gerichte jeden Ranges wurden jahrelang beschäftigt, Gutachter aller Couleur verdienten sich goldene Nasen. Jeder Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens sicherte laut tönend zu, dass jetzt endlich die A 33 fertiggebaut wird, und so geht das seit 35 Jahren. Das Ergebnis: es fehlen noch immer die letzten 20 km zwischen Borgholzhausen und Bielefeld, und täglich quälen sich 34.000 LKW und PKW auf der B 68 durch kleine Orte.
Jetzt sind angeblich alle Verwaltungshemmnisse beseitigt, Minister Tiefensee hat sich persönlich eingeschaltet, und in einigen Jahren soll es nun endlich klappen, so Gott will. In einem demokratischen Rechtswesen ist eben alles möglich, und fast alles kann verhindert werden, auch wenn schon 30 Jahre daran gebaut wird…
Ich wünsche mir, dass Befürworter und Gegner der Waldschlößchenbrücke sich bemühen, keine „westfälischen Zustände” entstehen zu lassen, im Interesse aller Dresdner und auswärtigen Autofahrer! Und das ist möglich, denn: Mir Sachsen sind doch helle!
Klaus Gebhardt, Marienfeld