Ein Stück Loschwitz schöner?!

Zwei unterschiedliche Bauvorhaben in Loschwitz vor der Fertigstellung

Zwei Bauvorhaben im Losch­witzer Ortskern sind oder werden fertig gestellt. Sie bieten Diskussionsstoff im „Dorf“, denn jede Veränderung in diesem sensiblen Gebiet hat Auswirkungen auf den Verkehr, das Lebensgefühl und die Stimmung. Ein gut restauriertes Haus, wie beispielsweise das Alte Fährgut, belebt das Areal, an einem weniger gelungenen Hausbau läuft man lieber schnell vorbei. Eigentlich besteht der Wunsch der Spaziergänger, an jedem Haus stehen zu bleiben und sich zu erfreuen.
Beide Bauvorhaben, so ist zu erwarten, sind nach geltenden Baugesetzen errichtet und beide wurden nicht für die Bauherren, sondern für neue Wohnungs­-mieter oder -eigentümer gebaut. Eines dieser neuen Bauvorhaben wird von den Anwohnern und Besuchern von Loschwitz durchaus akzeptiert und beim anderen wundern diese sich schon jetzt, wo noch die Gerüste stehen, dass so etwas genehmigt werden konnte. Man wird diesem, wenn es fertig ist, bestenfalls lieblosen Standard attestieren. Wird Loschwitz durch diese Bauten schöner? (Die Werbung der Immobilienfirma lautet „Dresden ein Stück schöner“).  Hier Versuch eines Vergleiches:

Liebevoll saniert: Die Häuser Friedrich-Wieck-Straße 17 und 19. Foto: Jürgen Frohse

Liebevoll saniert: Die Häuser Friedrich-Wieck-Straße 17 und 19.
Foto: Jürgen Frohse

Erfreulich: Mutter-Ungers-Neubaustuben

Nach dem Tod des Sohnes der letzten Wirtin von „Mutter-Ungers-Weinstuben“ 2010 wurden die beiden Häuser Friedrich-Wieck-Straße 17 und 19 verkauft. Die Hoffnung, hier wieder eine Gaststätte, eventuell sogar mit einem kleinen Ortsmuseum, zu errichten, scheiterte, und Familie Matser (Nina-Immobilien) erwarb das Anwesen. Für die Planungen zeichnete das Architekturbüro Kluge verantwortlich. Da es sich um Einzeldenkmale handelte, wachte das Denkmalschutzamt darüber. Die bewegliche Innenausstattung der ehemaligen Gaststätte stand leider nicht unter Denkmalschutz; die Gegenstände verblieben im Eigentum der Erben von Herrn Zöllner. Die ortsfesten Teile der Gaststätteneinrichtung sind Bestandteil des Kulturdenkmals. Das große Wand­bild ist innerhalb einer Wohnung sichtbar geblieben; ein kleineres Bild wurde erhalten und abgedeckt. Die bemalten Deckenbalken der ehemaligen Gaststube (aufgrund des schlechten Zustandes leider nicht vor Ort zu erhalten), die Wandverkleidungen sowie die bemalten Türen wurden demontiert und befinden sich  im städtischen Lapidarium.

Die beiden am Dorfplatz gelegenen Häuser behielten ihre Kubatur und die Neigung der Dächer mit den Biberschwanz-Deckungen und den Fledermaus­gauben, obwohl in den Häusern fast alles neu gebaut wurde. Das Haus Nr. 17 musste sogar bis zum Erdgeschoss abgerissen werden, da die Substanz nicht zu halten war. Was neu gebaut wurde, geschah mit dem Respekt vor den alten Strukturen dieser und der Nachbarhäuser. Der untypische Betonputz an der Fassade konnte durch einen Rauhputz ersetzt werden. Die Sandsteingewände an Türen und Fenstern wurden erneuert. Die Garagen zwischen den Häusern gestaltete man zu Wohnräumen um, wodurch auch der Eindruck zum Dorfplatz gewann.

Der an den östlichen Stirnseiten gelegene Verbindungsbau wurde komplett abgerissen und im alten Stil neu gebaut. Im Hof zur Fidelio-F.-Finke-Straße entstand ein Neubau als Reihenhaus, der sich zurücknehmend eingliedert. Der Hof wurde mit Granitpflaster ausgelegt. Die Farbgestaltung ist angenehm unaufdringlich. Durch die vielen Veränderungen kann von einem Denkmal eigentlich nicht mehr gesprochen werden. Die Häuser wirken aber kleinteilig und liebevoll. Mit Re­spekt vor der umgebenen Bebauung wurde Neues hinzugefügt.

Unpassend: Neubauvorhaben Friedrich-Wieck-Straße 27 bis 35. Foto: Jürgen Frohse

Unpassend: Neubauvorhaben Friedrich-Wieck-Straße 27 bis 35.
Foto: Jürgen Frohse

Bedauerlich: „Wohn­ensemble Altloschwitz“, Fr.-Wieck-Straße 27–35

Das Areal umfasste noch 1993 vier Häuser und eine „Datsche“. Nach und nach wurden sie abgerissen, die letzten nach dem Hochwasser von 2002, und das Gelände wurde eingeebnet. Es gab überdimensionierte Vorhaben, die durch das Sanierungsbüro und das Denkmalschutzamt verhindert werden konnten und eines, von dem man sich viel versprach – doch auch dieses wurde nicht gebaut. Das Gelände wurde 2010 an die Immobilienfirma USD („Unser Schönes Dresden“) verkauft, und ein neuer Bauantrag wurde  vom Büro „2 Eck Architekten“ eingereicht. Er sieht zwei Wohngebäude mit insgesamt sieben Wohneinheiten, einem Gebäude mit Heizung und Hausanschluss und sieben Stellplätzen vor. Die Autozufahrt soll über den Fußweg der ehemaligen Rollerbahn erfolgen. (Im ohnehin schwer vom Autoverkehr zu beruhigenden Dorfplatz wird es mit Sicherheit zu Komplikationen kommen.)

Das Denkmalschutzamt erteilte im November 2010 eine Teilablehnung für das Haus 2, das Farbkonzept der Fassaden, den auskragenden Balkon im EG Haus 1 und die Fassadengestaltung Ansicht Nord-West Haus 1. In der Begründung heißt es: „Die geplante Bebauung negiert die beschriebenen Grundtypen und vermischt diese. (…) Die Häuser übersteigen mit einer Grundfläche von ca. 174 qm das zulässige Maß deutlich. Dadurch entstehen Baukörper, die sich aufgrund ihres Volumens und ihrer Massivität nicht in die städtebauliche Eigenart der näheren Umgebung einfügen.“

Bei einer bereits vier Tage (!) später angesetzten Anhörung mit den Bauherren und den Architekten werden nochmals Gründe der Teilablehnung festgehalten: „Der auskragende Balkon der Wohnung 1 EG (Ansicht Süd-West) vergrößert die Grundfläche in unzulässiger Weise und wirkt im dörflichen Umfeld untypisch. (…) Die First- und Traufhöhen des Gebäudes übersteigen, aufgrund des Geländeverlaufes die Maße der Umgebungsbebauung deutlich. Die bereits erhebliche Grundfläche des Gebäudes wird durch Erker und Balkone noch weiter vergrößert, die langrechteckige Grundform des Gebäudes verunklart. Infolge der Anordnung der Balkone und Fenster wirkt das Gebäude zu unruhig.“ In dieser Sitzung wurden Kompromisse festgelegt, die aber wesentliche Kritikpunkte, wie die Größe der Grundflächen, außer acht lassen. Drei Wochen später stimmten Stadtplanungsamt und Denkmalschutzamt den nachgereichten Tekturunterlagen zu.

Die Veränderungen zu den eingereichten Plänen sind marginal, das kann man schon jetzt, wenn die Gerüste noch stehen, betrachten. Die Begründungen des Denkmalschutzamtes werden somit wenig von ihrem Inhalt verlieren. Die städtebauliche Gestalt wird durch die Bauten erheblich beeinträchtigt (siehe Kasten): Häuser ohne Bezug zum Ort;    Grundflächen und Höhen überdimensioniert; auskragende Erker; unproportionierte Fenster- und Türanordnungen; das Dach verunglimpfende Gauben; Betonpflaster auf dem Weg… Ein liebloser Bau, der vor allem die Grenzen des Erlaubten auszureizen versucht. Die nächsten Bauherren, die diese Grenze wieder ein Stück verschieben wollen, werden diese Häuser als Maßstab nehmen. Bezeichnend ist auch, dass ein Heizhaus für eine, immer mit Geräuschen verbundene Erdwärmepumpe an die Grenze zum Nachbargrundstück gebaut und damit ein Nachbarschaftsstreit provoziert wird.

Nachschlag

Die Schönheit des Anwesens Friedrich-Wieck-Straße 17 und 19 ist ganz sicher dem  guten Willen des Bauherren sowie dem positiven Einfluss des Denkmalschutzamtes zu verdanken.
Warum, so stellt sich die Frage, wurden die Häuser Friedrich-Wieck-Straße 27 bis 35 nicht mit dem gleichen Einfühlungsvermögen geplant? Und warum machte die Stadtverwaltung hier Zugeständnisse!

Der Ortsverein Loschwitz-Wachwitz möchte sich mit den jetzt geschaffenen Tatsachen nicht abfinden. Er stellte über den Ortsbeirat Loschwitz die Anfrage, ob Pläne und Auflagen der Baugenehmigung eingehalten wurden. Er erwartet eine umgehende Prüfung durch die Stadtverwaltung.

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