SIGNUM erinnert an Martin Raschke

(Elbhang-)Denkanstöße in den »Blättern für Literatur und Kritik«

Als im vergangenem November in der Dresdner SLUB das 19. Sonderheft des Literaturjournals »SIGNUM« vorgestellt wurde, hätte eigentlich eine große Elbhang-Abordnung den Saal füllen müssen. Ging es doch bei der Präsentation des Sonderheftes mit dem Titel »Zwischen Wunder und Sachlichkeit« um die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte der »KOLONNE«, einer 1929 – 1931 vom Dichter und Schriftsteller Martin Raschke (1905 – 1943) initiierten »Zeitschrift für Dichtung«. Raschke wohnte bekanntlich von 1932 bis 1943 in Loschwitz. Immerhin saß im Publikum der SLUB-Veranstaltung die lebenslange Elbhang-Bewohnerin und »Kronzeugin« – die 1938 geborene Raschke-Tochter Sophia.

Martin Raschke als Gymnasiast, etwa 1924; Foto: privat, Sammlung Sophie Raschke; aus: SIGNUM 19

Die »KOLONNE« wiederum hatte eine legendären Vorgängerin, die bereits 1924 (u. a. von Martin Raschke) gegründete revolutionäre Dresdner Schülerzeitschrift »MOB«, der aber obrigkeitshalber nur ein kurzes Leben beschieden war – die Avantgarde sollte (noch) nicht zu Wort kommen dürfen. Die damit verbundene aufwühlende »Literaturgeschichte« während der Weimarer Republik war es den heutigen Dresdner Schriftstellern Norbert Weiß und Jens Wonneberger wert, ein ganzes SIGNUM-Sonderheft herauszugeben und dafür weitere 12 Autorinnen und Autoren zu gewinnen oder zu zitieren.

Unter ihnen sei hier nur Katrin Nitzschke genannt (Leiterin des Buchmuseums der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden). Sie schrieb den aufschlussreichen Beitrag »Meine Begegnungen mit Martin Raschke« – u. a. bereichert durch eine erhaben-bewegende, bisher nicht zugängliche Photographie des 1943 tödlich verwundeten »Kriegsberichterstatters« Martin Raschke.

SIGNUM 19 – Sonderheft, Zwischen Wunder und Sachlichkeit

Vor dem Hintergrund der erörterten MOB- und KOLONNE-Geschichte macht dieser K.-Nitzschke-Beitrag deutlich, wie sich der Elbhang und auch Raschkes Haus am Veilchenweg zu einem nicht zu übersehenden (Neben-)Schauplatz der deutschen Literatur im vergangenen Jahrhundert entwickelte. Zu den »Künstlern am Dresdner Elbhang« (bekanntlich in zwei Bänden zusammengestellt) gehören nicht nur Persönlichkeiten der Musik, der bildenden und darstellenden Künste, des Handwerks, der Architektur oder weiterer verwandter Begabungen, sondern unbedingt auch die Vertreter der weitgefassten »schreibenden Kunst«, salopp formuliert von Körner / Schiller über Kügelgen, Raschke, Jess, Avenarius, Streubel bis zu Tellkamp oder Uwe Kolbe (diese Nennung ist unvollständig) – all diesen Namen kann man in Büchern nachspüren, aber vielleicht sollte man ihnen dereinst auch an einem verbürgten musealen Ort am Elbhang begegnen dürfen?

Das lebendige Josef-Hegenbarth-Archiv (siehe auch ELBHANG KURIER Februar 2020, Seite 11) war sicher nur ein erster Schritt in dieser Art Erinnerungskultur…

Dietrich Buschbeck

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