Luise von Toscana besuchte auch die Luboldtstraße auf dem Weißen Hirsch

Wie nutzt man eine Denkpause für einen Kindergarten?

Wenn von der skandalumwitterten Gemahlin des späteren sächsischen Königs (Friedrich August III./1865-1932) die Rede ist – sie hätte angesichts der gemeinsamen sieben Kinder und ihres langen Lebens (1870-1947) unsere letzte herkömmliche „Landesmutter“ sein können – fallen uns in der Regel die Lokalitäten „Luisenhof“ oder „Café Toscana“ ein, doch an der Luboldtstraße 18 auf dem Weißen Hirsch gab es auch eine „Wirkungsstätte“, der sich die eingewanderte Kronprinzessin gewidmet hat: eine bereits 1888 eröffnete und bis heute bestehende Kindertagesstätte, deren Schirmherrin und spendabele Sponsorin die adlige Dame Luise gewesen ist. Ehemalige Zöglinge dieser pädagodischen Einrichtung werden (oder könnten) das noch wissen, wenn sie denn im Elbhang-Kurier davon gelesen haben (z.B. EHK Nov. 2021 oder /uralt/ Mai 1993).


An diese beiden Damen (aus dem vormaligen Kindergarten Luboldtstraße 18) können sich wahrscheinlich nur noch wenige „Zöglinge“ erinnern – die langjährige Leiterin i.R. Gabriele Winkler (li.) und eine ihrer Vorgängerinnen aus den 50er-Jahren. Fotos: Jürgen Frohse (li.) und Käte Basarke

Manche Nutzer oder Besucher des Hauses, das zeitlich wechselnd als Kindergarten, Kinderkrippe oder auch (sozialistischer) Schulhort in privater, städtischer und auch kirchlicher Trägerschaft diente, kennen vielleicht noch die Geschichten, die die langjährige Leiterin des Hauses (ca. 1930-1960) Elfriede Schröder zu erzählen wusste; sie war – kirchgemeindlich engagiert – u. a. eine enge Vertraute der Dresdner Kammersängerin (und CDU-„Unionsfreundin“) Ilse Ludwig-Jahns (jetzt 94-jährig in Graupa lebend). Eine von Frau Schröders Nachfolgerinnen, die unter uns wohnende Pädagogin und Kindergartenleiterin G a b r i e l e W i n k l e r brachte es auf dem Weißen Hirsch sogar auf 39 Dienstjahre (1982-2021)!
All das spricht für Substanz, Tradition, Lebenshilfe, Zeitgeschichte (Königreich, Drittes Reich, Nachkriegszeit, „Sozialismus“, Vor- und Nachwende …). Nicht zu vergessen, dass Ende der 50er-Jahre immerhin auch das Porträtfoto einer hier tätigen Kindergärtnerin den WH-Schaukasten einer namhaften Dresdner Photographin schmückte. Umso mehr stutzte man unlängst, als das „Dresdner Amtsblatt“ vom 6. Mai d.J. für den 6. Juli 2023 folgenden Stadtratsbeschluss ankündigte: TOP 17 „Schließung der städtischen Kindertageseinrichtung Luboldtstraße 18 in 01324 Dresden“. Wegen übervoller Tagesordnung (oder Sommerhitze?) wurde der Beschlussvorschlag nun für die Stadtratssitzung am 7. September eingebracht (lt. einer Mitteilung des Presseamtes).
Niemand sollte an der Ernsthaftigkeit der diesbezüglichen Vorgespräche zweifeln. Aber vielleicht bietet die Terminverschiebung (immerhin zwei Monate) auch die Chance für eine
D e n k p a u s e – nicht nur (sozial-)pädagogisch, sondern auch stadtplanerisch motiviert. Immerhin verfügt das zweigeschossige, mehrfach modernisierte Kindertagesstättenobjekt dank „Nachwende-Folgen“ über ein ansehnliches Freigelände. Da sollte der zu erwartende Stadtratsbeschluss nicht nur den Immobilienmarkt interessieren … .

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