Meinung: Eintrittsgeld für Pillnitzer Schlossgarten?

Missachtung von Bürgerrechten und -meinungen

Dieter Fischer

Dieter Fischer

Nach den letzten Verlautbarungen aus der Sächsischen Schlösser- und Gärten-Verwaltung soll der Eintritt von 2 Euro (ermäßigt 1,50; Jahreskarte 10 Euro) nun ab 1. Juni 2005 erhoben werden. Ähnlich der Hartz-IV-Vorstellung und -Diskussion wurde erst einmal beschlossen und verkündet. Als sich dann ein Gegensturm erhob, gibt man sich erstaunt, ist nach viel Schelte durch die Bürger zu Erläuterungen und Beratungen bereit, meint aber, bei der grundsätzlichen Linie mit Erheben von Eintritt bleiben zu müssen. Mit dem Kassieren von Eintritt sollen das teilweise Schließen von Parktoren (nur noch zwei Eingänge, die anderen Tore nur Ausgang oder ganz geschlossen) sowie eingeschränkte Öffnungszeiten verbunden sein.

Der Pillnitzer Ortsverein betont als Argumente gegen einen Eintritt sowie eine Veränderung der Ein-/Ausgangssituation vor allem die gewachsene Struktur des Ortsteils mit den durch den Schlossgarten führenden Alltagswegen sowie das bisher immer kostenfreie Erleben des Einklanges von Landschaft, Gartenkunst und Architektur für alle (siehe Stellungnahme).

Aus meiner Sicht möchte ich ergänzen und verdeutlichen:
Mit den Bauten von Wasser- und Bergpalais ab 1720 entstanden der heutige Lustgarten und die Maillebahn. 1780 erfolgte die Erweiterung um den Englischen Garten, ab 1791 die des Chinesischen Gartens nach Norden. Erklärtes Ziel der romantischen Gartenbewegung um 1780 mit der Gestaltung des Englischen Gartens mit Teich und Pavillon sowie des Friedrichsgrundes zur Meixmühle war es, den Garten in die umgebende Landschaft zu öffnen, das Ganze als Einheit wirken und genießen zu lassen.

Durch die Erweiterung ab 1791 wurde die alte Dorfstraße – vom jetzigen Pillnitzer Platz zum Ausgang zwischen Palmenhaus und Orangerie verlaufend – „vereinnahmt”. Die Straße führt seither im Verlauf der Lohmener Straße außerhalb des Gartens entlang, am Chinesischen Pavillon vorbei. Trotzdem blieb der Dorfstraßen-Weg weitgehend erhalten und wird bis heute gern genutzt.

Die Endstation der Straßenbahn am stadtseitigen Ortseingang von Pillnitz, später zurückverlegt zum Ortsende von Hosterwitz (Gleisschleife) und noch heute der Endpunkt der Hälfte der Busse der Linie 83, dürfte mit ein wesentlicher Grund für die intensive Nutzung der Wege durch den Schlossgarten zur Arbeit, zum Einkauf oder zum Spaziergang sein.

Hier von einem Wegerecht zu sprechen ist wohl nur normal und legitim.

Der Elbhang-Kurier hat seine erste (und bisher einzige) gebundene Sammelausgabe auf der Titelseite mit oben abgebildetem Foto versehen: Jung und Alt wandeln und flanieren friedlich durch die weit offenen Pillnitzer Parktore. Das war das Lebensgefühl in den Jahren 1993/94. – Wird es nun durch fragwürdige Wirtschaftlichkeits-Betrachtungen als Illusion erkannt oder wird uns das Recht der Mitsprache vorenthalten? Es spricht mehr für Letzteres.
Nach Verleihung des Welterbe-Status für das Dresdner Elbtal leistet es sich der Freistaat Sachsen, einen Teil dieser Landschaft jetzt nur noch per Eintrittsgeld betreten zu lassen!

Hier von einem Recht auf die gewachsene Kulturlandschaft und bei Eintritt-Zahlung von dessen starker Einschränkung – wie auch Einschränkung von Persönlichkeits- und Mitspracherechten – zu sprechen, ist wohl auch legitim.

Landes-, Verwaltungs-, Privatisierungs-Gesetze, -Bestrebungen und -Entscheidungen haben dazu geführt, dass Eigentümer (Freistaat Sachsen) und seine Verwaltungsbetriebe glauben, diese Entscheidung gegen die überwiegende Bürgermeinung fällen zu können und zu müssen.

Die Alternativen für einen derartigen Bürgerentscheid (eigentlich ebenso notwendig wie zur Waldschlösschen-Brücke) waren in der TED-Umfrage der DNN vom 6. Januar genannt:

  • Kosten auf Eintritt umlegen.
  • Kosten aus Steuern finanzieren.

Die ermittelten 75 Prozent für die Steuerfinanzierung entsprechen wohl weitgehend auch der allgemeinen Haltung der Bürger – eine demokratische Entscheidung ist aber hier und dazu offensichtlich nicht gefragt!

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