Breites Bündnis am Elbhang fordert gentechnikfreien Obstbau

„Pillnitzer Erklärung“ in der Weinbergkirche verlesen

Experten beim Podiumsgespräch in der Weinbergkirche. Foto: Helene Blumenschein

Experten beim Podiumsgespräch in der Weinbergkirche.
Foto: Helene Blumenschein

Mit der Verlesung der „Pillnitzer Erklärung“ zum gentechnikfreien Obstbau ging am letzten Augustsonntag nach einem interessanten Gottesdienst zur „Bewahrung der Schöpfung“ in der Weinbergkirche die Fachtagung „Biofruit ohne Gentech – Hände weg von unseren Äpfeln!“ zu Ende (s. Elbhang-Kurier 8/2008, Seite 17).

„Mit dem Essen spielt man nicht!“ So konnte man es schon Tage vorher auf Plakaten am Elbhang in mehreren Sprachen lesen. Anlass war das „Internationale Symposium zur Biotechnologie bei Obstarten des Bundesforschungsinstitutes für Kulturpflanzen“, ausgerichtet vom Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst, welches in der darauffolgenden Woche in Pillnitz tagte und sich vorrangig mit Gentechnik beschäftigte. Diesem wollten die „Bürgerinitiative für ein gentechnikfreies Pillnitz“ und das „Aktionsbündnis für gentechnikfreie Landwirtschaft in Sachsen“ Kontra bieten.

Etwa 100 Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik, auch Vertreter der IG Weinbergkirche, des Pomologen-Vereins, Imker, Obstbauern und Dresdner Bürger trafen sich an zwei Tagen, um sich zu informieren und ihren Forderungen an die Teilnehmer der „BiotechFruit“ Stimme zu verleihen. Am Sonnabend gab es Vorträge zu Themen wie „Risikotechnologien“, „Sicherheitsrisiken bei der Freisetzung von gentechnisch veränderten Apfelbäumen“ , „Gentechnikfreie Regionen“, „Gefahren für die Bienen“ und zur „Bedeutung alter Apfelsorten“ und am Abend ein Podiumsgespräch mit namhaften Fachleuten.

Der Pomologen-Verein e.V. präsentierte eine Vielzahl heimischer, wertvoller (und in Vergessenheit geratener) Apfelsorten. Foto: Helene Blumenschein

Der Pomologen-Verein e.V. präsentierte eine Vielzahl heimischer, wertvoller (und in Vergessenheit geratener) Apfelsorten.
Foto: Helene Blumenschein

Am Sonntag belebten den Weinbergkirchenplatz Informationsstände, Apfelsorten wurden bestimmt, es gab Bioapfelsaft, echten Imkerhonig, Wippler-Apfelkuchen und Wein vom Elbhang.

In Pillnitz bleibt die Auseinandersetzung mit Gentechnik aktuell. „Gentechnik im Obstbau ist unnötig. Es ist auch heute nicht nachvollziehbar, warum trotz größter Sicherheitsrisiken weitergeforscht und nach Standorten für Freisetzungen gesucht wird, während andere Möglichkeiten ungenutzt bleiben, um Züchtungsziele zu erreichen“, so Sabine Fortak vom Pomologen-Verein. Es wurden alle Wissenschaftler aufgerufen, verantwortungsvoll mit ihren Erkenntnissen umzugehen und sich weder von politischer Seite noch von der Agrarindustrie unter Druck setzen zu lassen.

Gentech-Konzerne legen es offensichtlich darauf an, diesen Prozess global und unumkehrbar durchzusetzen. Europa steht vor grundlegenden Entscheidungen, denn es bestehen unter Berücksichtigung des Verbraucherwillens noch reale Chancen, die Ausweitung der Agro-Gentechnik zu verhindern. Eine Koexistenz gentechnikfreier und gentechniknutzender Anbaumethoden ist langfristig nicht möglich und die Wahlfreiheit für Verbraucher nicht gewährleistet. Es sind weitreichende Auswirkungen auf andere Lebewesen, insbesondere Bienen, andere Insekten und Mikroorganismen und eine Verringerung der Artenvielfalt zu beobachten.

In ihrem Ergebnis – der Pillnitzer Erklärung – fordern die Teilnehmer der Tagung unter anderem:

  • die Einstellung aller Freilandversuche mit Genpflanzen
  • den Verzicht auf Gentechnik im Obstbau und der gesamten Landwirtschaft in einem Moratorium
  • Förderung bewährter Züchtungsmethoden zur Lösung der Probleme im Obstbau.
  • den Aufbau einer unabhängigen Sicherheitsforschung für gentechnische Prozesse und Verfahren
  • keine öffentlichen Gelder für gentechnische Züchtungen und für die Markteinführung gentechnisch veränderter Produkte
Peter Teichmann (li.) und Chris­tian Decker verlesen auf den Stufen der Weinbergkirche die Pillnitzer Erklärung. Foto: Helene Blumenschein

Peter Teichmann (li.) und Chris­tian Decker verlesen auf den Stufen der Weinbergkirche die Pillnitzer Erklärung.
Foto: Helene Blumenschein

Insbesondere für Pillnitz gilt die Forderung, keine gentechnisch veränderten Obstsorten frei zu setzten. Nach der Einführung gentechnisch veränderter Rohstoff-, Energie-, Futter- und Grundnahrungsmittelpflanzen darf nicht zugelassen werden, dass mit dem Obst eine neue Pflanzengruppe dem Zugriff der Gentechnik ausgesetzt wird.

Die Züchtungsziele im Obstbau sind auch mit klassischen Methoden – ohne die Risike der Gentechnik – erreichbar. Für die Entwicklung von krankheitsresistenten, ökologisch anbaubaren Obstsorten ist es außerdem erforderlich, dass sich das Augenmerk der Wissenschaft wieder stärker auf die genetische Vielfalt alter Obstsorten richtet, unter denen es zahlreiche, in Bezug auf Krankheiten und Schädlingsbefall weit resistentere Sorten gibt als diejenigen, die heutzutage die obstbauliche Praxis dominieren. Wir erwarten, dass die Genbank Dresden – Pillnitz dabei – auch international – eine zentrale Rolle übernimmt. Der international anerkannte Ruf des Obstanbau-, Züchtungs- und Sortenerhaltungsstandortes Pillnitz darf durch Gentechnikexperimente nicht gefährdet werden!
Die komplette Pillnitzer Erklärung steht im Internet: www.sachsen-gentechnikfrei.de/biofruit.

Die Tagungsbeiträge sind ebenfalls auf der Internetseite nachhörbar. Als Tagungsergebnis ist demnächst eine Informationsveranstaltung in Pillnitz geplant. Es ist zu hoffen, dass alle Worte, Hilferufe und Bedenken offene Ohren bei allen Teilnehmern der Internationalen Biofruit-Tagung gefunden haben und ein Umdenken stattfinden wird!

Maria und Peter Teichmann

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