Anja und Armin Schumann zur Kündigung des „Luisenhofes“
Der Verkauf des „Luisenhofes“ an die Aachener Firma Patria Casa Vermögensverwaltung mit der Kündigung der Pächterfamilie Schumann bleibt ein vieldiskutiertes Thema. Die Tagespresse berichtet von neuen Bewerbern, die kurze Zeit darauf Geschichte sind – sogar Zirkus Roncalli träumt vom „Luisenhof“. Viele Gäste kommen noch einmal in das Restaurant, fragen nach und wollen wissen, wie es weiter geht. Im Verschönerungsverein Weißer Hirsch/Oberloschwitz wurde heftig debattiert, wie die Kündigung rückgängig gemacht werden kann.
Doch Familie Schumann akzeptierte die Kündigung und verhandelte nicht. Für eine derartige Entscheidung muss es weitere Gründe geben, die mit der Kündigung nur bedingt zusammenhängen. Wir sprachen mit Familie Schumann und bekamen Einblicke in die Probleme des Hauses, aber auch exemplarisch in das Gastronomiegewerbe in Dresden.
Armin Schumann wohnte der Versteigerung am 15. Dezember 2014 im Amtsgericht Dresden bei. Er hatte sich über den Wert informiert und hatte sich ein Limit gesetzt, um mitzubieten. Doch schon das erste Angebot lag darüber, und er staunte über den letztendlich erzielten Kaufpreis. Er sah die Käufer, ihr Auftreten. „13 Jahre Gastronomie werden als abgeschlossenes Psychologiestudium anerkannt“, schmunzelt Schumann.
Die neuen Besitzer, die eigens für diesen Kauf eine eigene Firma mit einer Haftungsbeschränkung von nur 1.000 Euro gründeten, hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt den Bauzustand der Gaststätte nicht einmal angesehen. Schon in diesem Moment wusste Armin Schumann, dass es nicht um die Weiterführung der Gastronomie im Haus geht. Am 19. Dezember kam die Kündigung und ein neues, um 35 Prozent erhöhtes Pachtangebot wurde am 20. Februar 2015 nachgereicht. Bis dahin ließen sich Schumanns Zeit und analysierten alle Details.
Der Zustand
Die einmalige Lage des „Luisenhofes“ macht eine Bewirtschaftung dennoch schwierig. Es bestehen kaum Parkplätze. In den Wintermonaten verirrt sich kaum ein Gast hierher. Das einzige öffentliche Verkehrsmittel ist die Standseilbahn, die nur bis 20 Uhr fährt. Das Haus wurde 1998/99 saniert, wobei neben dem Restaurant auch Eigentumswohnungen entstanden.
Die Freude bei der Eröffnung war nur kurz, denn schon an diesem Tag zeigte sich, dass zwischen Gaststätte und Wohnungen der Schallschutz unzureichend war. Veranstaltungen nach 22 Uhr waren nur noch eingeschränkt möglich. Heute kaum noch nachvollziehbar ist, warum Brandschutzbestimmungen aus der Sächsischen Versammlungsstättenverordnung nicht eingehalten wurden.
Es gibt im Haus weder einen zweiten Fluchtweg noch Rauchmelder. „Wir haben eine Ausnahmegenehmigung und stehen immer mit einem Bein im Gefängnis“, sagt Armin Schumann. Mittlerweile sind im Keller Wände feucht. Die Belüftungs- und Klimaanlage muss erneuert werden. Doch seit der Insolvenz des Eigentümers, Günther Gsödl, vor fünf Jahren wurden keine Instandhaltungen mehr durchgeführt. Die Pacht gehe seither auf ein treuhänderisches Konto. Eine Schließung der Gaststätte und eine umfassende Sanierung seien zwingend.
Vor zwei Jahren stand die Gaststätte bereits einmal vor der Zwangsversteigerung. Damals ließen Schumanns Gutachten erstellen, um den Wert und die notwendigen Sanierungen abschätzen zu können. Die Sanierung der Klimaanlage belaufe sich auf 300.000 Euro und weitere Instandsetzungskosten auf 139.000 Euro. Der Wert der Immobilie lag bei unter einer Million Euro. Für Armin Schumann ist es eine „Schrottimmobilie“, mit der Investoren nur durch den Wert der Lage Gewinn herausschlagen wollen. Luxussanierte Eigentumswohnungen versprechen diesen Gewinn. Aber eine Gaststätte?
Die Qualität
Armin Schumann hatte als Koch Preise gewonnen und war im „Luisenhof“ ab 1999 Chefkoch und Küchenleiter, als er nach der Insolvenz von Dieter Haas das Haus 2002 gemeinsam mit seiner Frau übernahm. Sein Anspruch an die Küche und den Service waren somit hoch. Auf diesem Niveau führte er die Lehrausbildung, die beispielhaft und anerkannt ist. Diesen Anspruch stellt er aber auch an seine Mitarbeiter. Seit einigen Jahren gibt es in der Gastronomie einen massiven Fachkräftemangel. Zwei Kellnerstellen können seit zwei Jahren nicht besetzt werden.
Nach der Babypause der Restaurantleiterin fand sich kein Ersatz und Anja Bahner-Schumann musste die Aufgabe vollständig übernehmen. Selbst Stellen für die Ausbildung bleiben unbesetzt. Es kam vor, dass ein Jugendlicher Fernsehkoch werden wollte. „Wir leben in einer Spaßgesellschaft“, sagt Armin Schumann, „was können wir da bieten?“ Im „Luisenhof“ mit seinen 600 Plätzen sind weite Wege zurückzulegen. Die Stoßzeiten liegen am Wochenende. Dazu kommt, dass die duale Ausbildung an Wert verloren hat, nachdem die „Schwelle“ für die Gymnasien gesenkt wurde und Jeder Abitur machen wolle.
„Was hatte der Kellner früher für eine hohe gesellschaftliche Position? Heute steht er fürs Rumrennen, wenn andere am Strand liegen.“ Schumanns müssen sich derzeit auf Aushilfen verlassen. „Wir können unsere eigenen Ansprüche nicht mehr erfüllen“, was sie auf Dauer nicht akzeptieren wollen. Sie sind der Meinung, dass sich nur schwer ein Betreiber finden lassen wird, der den „Luisenhof“ in dieser Größe weiter führen kann.
Die Entscheidung
Neben diesen rein sachlichen Überlegungen spielten letztendlich auch persönliche Gründe eine maßgebliche Rolle. Ein Restaurant dieser Größe 13 Jahre zu führen, nimmt Einfluss auf die Familie. Den Rhythmus bestimmt die Gaststätte „die Tochter wächst im Restaurant auf“.
Schumanns nahmen die Kündigung an und informierten am 24. Februar die Presse. Bis zum 30. Juni wollen sie das Haus in bewährter Weise führen und mit erhobenem Haupt das auch für sie bedeutende Kapitel zu einem guten Ende bringen. Mit ihrer Abschieds-Anzeige im Elbhang-Kurier signalisieren sie ungeschmälerten Service bis zum letzten Tag. Selbst die Blumenkästen stehen in voller Blüte. Alle Mitarbeiter haben in persönlichen Gesprächen vollen Einsatz bis zum Ende zugesichert. Die AZUBIS wurden in andere Gaststätten vermittelt. Schumanns werden in der Dresdner Neustadt ein Büro mieten, um die Buchhaltung und den Verkauf des Inventars abzuwickeln. Sie gönnen sich dann eine Pause und überlegen in Ruhe. „Wir werden etwas finden, was zwei Nummern kleiner ist.“
Nach dem Gespräch fällt es schwer, für den „Luisenhof“ als Gaststätte eine Zukunft zu sehen. Es fällt aber auch schwer, sich dieses Haus ohne Gaststätte vorzustellen.