XIII. Hortensienschau im Landschloss Zuschendorf

21.07. – 05.08.2018

Hortensien aus dem Land der aufgehenden Sonne

Im letzten Jahr zeigten wir die ersten deutschen Hortensienzüchtungen, von denen die ersten um 1910 vorgestellt wurden. Davor war Frankreich als Wiege der europäischen Hortensienzüchtung unser Thema. Dort entstanden die ersten Sorten zwischen 1894 und 1904.


Wenn unsere Reise dieses Jahr nach Japan geht, dann liegen die Ursprünge der Hortensienzüchtung viele Jahrhunderte zurück. Wann genau, weiß wohl keiner mehr. Als die ersten Europäer im 17. Jahrhundert das “Land der aufgehenden Sonne” betraten, fanden sie dort keine Wilden, die es zu bekehren galt, vielmehr konnten sie eine Hochkultur bestaunen. Auch die ersten Hortensien, die sie dort zu sehen bekamen, waren schon Gartenformen, also von Menschenhand gezüchtet.
Wie kann es anders sein, der erste Europäer, der eine japanische Hortensie beschrieb, war ein sächsischer Gärtner. George Meister begleitete den Leiter der holländischen Handelsflotten, den hessischen Arzt und Justizrat Andreas Cleyer, zweimal, nämlich 1682-1684 und 1685-1687 nach Japan. George Meister war damit der 11. Deutsche, der japanischen Boden betrat. Im Jahre 1692 nunmehr als chursächsischer Hofgärtner in Dresden, veröffentlichte er seine Erlebnisse in dem Buch „Der Orientalisch-Indianische Kunst- und Lust-Gärtner“.
In seinem Abschnitt „Japponnische Baum-Schule“ beschreibt er ein Gehölz mit dem japanischen Namen „Fanna Nyfunschyn“ Dazu schreibt er: „ oder, Tutae Mundae auf Portugiesisch genannt, die ganze Welt. Dieses ist eine Art von Schnee–Ballen, deren es hier in Jappon vielerlei Arten giebet, nämlich 1. Art weiß, wie die in Europa, 2. ziegelrot, gleich wie die zu Batavia. Die 3. ist gelb und die 4. schön himmelblau. Welches außermaßen eine schöne Zierde in Lust-Gärten gibt.“.
Es lässt sich vermuten, dass Meister entweder genau wie später der schwedische Botaniker Carl Peter Thunberg, die Hortensie als Schneeball (Viburnum) beschrieb oder noch wahrscheinlicher beide, Viburnum und Hydrangea, zu einer Gattung zusammenfasste. Spätestens der Hinweis auf die himmelblaue Färbung weist deutlich auf Hortensien hin. Wahrscheinlich sah Meister schon die oft in Gärten gepflanzte Hortensie, die Siebold später nach seiner japanischen Geliebten ’Otaksa’ nannte. Vermutlich kam diese Sorte ursprünglich aus China, wo diese wohl rot blühte. Im eisenhaltigen Lehm um Nagasaki blühte sie dann blau und begeisterte Botaniker wie Gärtner. Dr. Franz von Siebold führte 1835 die ‘Otaksa’ nach den Niederlanden ein. Dort löste sie einen Sturm der Begeisterung aus, war jahrzehntelang die einzige in Gärtnereien kultivierte Ballhortensie und diente ab Ende des 19. Jahrhunderts als Kreuzungspartner für viele neue europäische Sorten.

Hortensien

Hortensien

Erstaunlicherweise wurde die ursprüngliche natürliche Art, aus der die frühen japanischen Gartenformen entstanden, vermutlich erst nach 1917 in Europa bekannt, nachdem der amerikanische Botaniker Ernest Henry Wilson Samen von der Insel Oshima mitbrachte.
Die Japaner nannten diese Pflanze in der Edo-Periode (1600-1868) Gaku-Ajisai. Gaku ist die japanische Bezeichnung für Bilderrahmen und beschreibt die ursprüngliche, noch nicht ballförmige Blütenform damit sehr treffend: Sterile Blüten umrahmen die fruchtbaren.
Vermutlich fand man irgendwann zwischen diesen schirmförmigen Blütenständen einen ballförmigen (Temari-Form) und bearbeitete diesen züchterisch weiter. Ein Prozess der bis heute andauert. Diesen züchterischen Werdegang können die Besucher unserer diesjährigen Hortensienschau verfolgen. Es wird ein Sortenspektrum von sehr ursprünglichen bis zu modernen Züchtungen zu sehen sein. Ein interessanter neuer Trend sind die gefüllt blühenden Hortensien. Die Hortensie wird in Japan auch heute noch hoch verehrt. Nach Ende der Kirschblüte beginnt in Japan die “fünfte Jahreszeit”, die Regenzeit. Da wachsen die Hortensien natürlich prächtig und ihr Anblick ist für die Menschen in der nassen Zeit eine Aufmunterung, der Vorbote des Sommers und ein wichtiger Gruß zum Muttertag. Wegen der Veränderung der Blütenfarben ist die Hortensie in Japan das Symbol des stetigen Wandels und der Vergänglichkeit. Man nennt sie auch shichi henge oder nana henge – sieben Veränderungen. So gibt es das Hortensiendorf Kaisei in Ashigara-Kami gun. Dort haben die Bauern ihre Reisfelder mit 5000 Hortensien umrahmt. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist der Hortensien-Tempel (Ajisai-dera) oder Meigetsu-Tempel in Kamakura. Blaue Hortensien in üppiger Pracht säumen Treppen und Wege. Der Hortensienzug (Ajisai densha) der Berg-Zuglinie Hakone Tozan bietet ein besonderes Vergnügen. Überall entlang der Strecke und vor allem in den Bahnhöfen wurden Hortensien gepflanzt. Zwischen 18:30 Uhr und 22:00 Uhr werden die Hortensien an den Haltestellen angestrahlt.
Zur Kamelienschau stellten wir ein Märchen zur Entstehung des japanischen Blumenfestes (hana matsuri) am 8. April zu Buddhas Geburt vor. An diesem Tag regnet es Himmelstee, Hortensientee (ama cha). Der aus den Blättern gewonnene sehr süße Tee wird an diesem Festtag in großen Mengen getrunken.
Genauso wie in Zuschendorf Hortensien gesammelt und bewahrt werden, geschieht dies für Japan im Arboretum von Kobe. Eine Bürgerbefragung führte dazu, dass die Hortensie die Blume dieser vor Jahrzehnten durch Erdbeben zerstörten Stadt wurde.
Nach dem Atomunglück in Fukushima wuchs in Japan eine Volksbewegung heran – die Hortensienrevolution. Zehntausende gingen gegen die Atompolitik der japanischen Regierung auf die Straße. Sie waren so viele, wie eine Hortensienblüte aus vielen kleinen Einzelblüten besteht und gemeinsam als Ganzes Wind und Wetter widerstehen.
Hortensien

Hortensien

Eine japanische Firma wollte die wunderschön schwarzstielige Hortensie ‘Schloss Zuschendorf’ des SAXON-Sortiment in Japan verkaufen. Dazu suchte diese einen für Japan sinnhaften Namen und startete eine Umfrage. Danach sollte die Sorte ‘MiKi’ heißen, was etwa “Hoffnung auf die Zukunft” bedeutet. Gemeinsam durch seine Exzellenz, den Botschafter von Japan in Deutschland, Herrn Takeshi Nakane und durch die Züchterin Katrin Meinl wurde die Pflanze 2013 im Landschloß Zuschendorf getauft. Was können die Besucher in den Festräumen des Schlosses erwarten: Zunächst etwa 1000 Hortensienpflanzen. Dazu gehören die japanischen Sorten unserer Sammlung, die im Dresdner Gartenbaubetrieb Kühne Jungpflanzen Claus Kühne vermehrt und zu ausstellungswürdigen Pflanzen herangezogen wurden. Das gleiche Unternehmen stellt uns ihr aktuelles SAXON-Sortiment zur Verfügung, zu dem auch die oben genannte Sorte ‘Schloss Zuschendorf’ gehört.
Vom Hortensienspezialgartenbaubetrieb Reinhard Ullmann aus Radebeul kommen weitere japanische Sorten, u.a. eine Serie gefüllt blühender Sorten. Darüber hinaus zeigt die Firma neue Hortensien im internationalen Trend. Floristin Silke Kühne wird die Räume mit Ranken, Kränzen und vielen anderen Gestaltungen verzaubern. Aber auch feinsinnige japanische Steckkunst wird dazu gehören. Dafür stehen unzählige Klassik-Blüten aus der SAXON-Züchtung zur Verfügung. Susanne und Volker Berthold obliegt wieder die Gestaltung der Ausstellung. Mit ihren Szenen werden sie unsere Gäste in das Land der aufgehenden Sonne entführen. Da wird der Pflanzenjäger Ernest Henry Wilson auf gefährlicher Klettertour im felsigen Gebirge der Insel Oshima unterwegs sein. In einem anderen Raum betrachten vornehme japanische Damen aus ihrem traditionellen Haus ihren Hortensiengarten. An weiteren Ideen wird derzeit noch gearbeitet. Es bleiben genügend Überraschungen.
Geöffnet: Dienstag bis Sonntag und feiertags von 10.00 – 17.00 Uhr, z
usätzlich Montag 10.00 – 16.00 Uhr
Eintritt: 5,00 €, ermäßigt 4,00 €

www.kamelienschloss.de

Getagged mit: ,
Veröffentlicht unter Allgemein, Zusätzliche Artikel online