Meinung: Dampfschiffe gehören in die öffentliche Hand!

Holger Friebel zur Dampfer-Misere

Dampfschiffe gehören in die öffentliche Hand! Warum? Auf diesen Dampfern sind schon die Großeltern mit uns in die Sächsische Schweiz gefahren. Mindestens eine Tour – hin oder zurück – war sonntags immer wieder ein unvergessliches Erlebnis. Was ist seit der »Wende« daraus geworden? Eine Insolvenz aufgrund von u. a. unternehmerischen Fehlentscheidungen und Kundenunfreundlichkeit.

Wie ginge es besser? Ein »schwimmmendes Museum« kann sich nicht »rechnen« – und muss es auch nicht! OB Hilbert hatte eine gute Idee mit der Einbindung in das öffentliche Verkehrsnetz – siehe auch unser »Turm-Dampfer« (Cartoon ELBHANG KURIER August 2020, Seite 9). Mehr Leben auf der Elbe hieße auch mehr Attraktivität für Dresden und Umland.

Ich schließe mich ausdrücklich der Forderung nach Übernahme durch eine »Vereinigte öffentliche Hand« von Freistaat, Dresden und den »bedampften« Landkreisen an. Diese Dampfer sind Kulturgut und schwimmende sächsische Identität (die halt auch ihre »Defizite« hat…). Das ist einen Zuschuss zum Betrieb wert – genau wie beim ÖPNV. Denn bei weiterer Privatisierung bliebe das Insolvenzrisiko immer bestehen.

Aber es gehört mehr dazu als ein einstelliger Millionenbetrag zur Übernahme: Die Dresdner müssen wieder mitfahren wollen. Um 1900 fuhren im Jahr drei Millionen pro Jahr mit – laut Sächsischer Zeitung waren es 2019 nur noch 354.000 Fahrgäste. Sicher, die Zeiten haben sich geändert, mit dem Auto ist man schneller. Der Nachteil der Langsamkeit der Schiffe muss durch attraktive, gestützte Preise und Servicefreundlichkeit ausgeglichen werden.

Bei einem der regelmäßigen Familienausflüge: Der Vater des Autors, Rolf Friebel, auf dem Schoß von Urgroßvater Karl in den 1930ern auf Dampferfahrt. Foto: Oskar Friebel

Dazu braucht es vor allem vier Maßnahmen:

1. Öfter fahren!
Zurück zu einem verkehrstauglichen und kundenorientierten Fahrplan.

2. Öfter anlegen!
Mehr Anlegestellen! – Früher gab es allein auf Dresdner Flur vierzehn Anlegestellen (siehe Anmerkungen), 1989 waren es nur noch fünf, 2020 nur noch ganze drei! Laut Statistischem Jahrbuch kamen an ankommenden/aussteigenden Fahrgästen 1889 an den Stationen Wachwitz – Tolkewitz – Niederpoyritz fast 100.000 Personen zusammen. Alle Ortsteile, besonders deren Gastwirte, wären froh über die Rückkehr einer Dampferanlegestelle.

3. Preise runter!
für Einheimische durch günstige Monats- oder Jahresfahrkarten und

4. Rentner-Sonderpreise wieder einführen!
Rentner haben Zeit und fahren gern Dampfer – sie müssen es sich leisten können

Dann würden die Schiffe gern auch für tägliche kurze Wege genutzt. Aber es gilt noch, Ballast abzuwerfen, damit auch bei Niedrigwasser fortgeschwommen werden kann. Bei der Rekonstruktion der acht Dampfer von 1992 bis 1994 wurden viele Einbauten und Aufbauten mit sehr großen Materialstärken gebaut, insbesondere betrifft das die Reeling- und die Oberdeck-/Zeltkonstruktion. Früher gab es z. B. leichte Klappstühle – siehe Foto. Bei der Stadt Dresden wurde jetzt eine Online-Petition zum Erhalt der Dampfschiffahrt eingereicht, um deren Unterstützung dringend gebeten wird.

Michael Hillmann startete eine Crowdfounding-Aktion und will so bis 20. August 100.000 Euro sammeln. Zu errreichen über Startnext »Erhalt der Dresdner Dampferflotte«.

Anmerkungen:

Anlegestellen im Stadtgebiet Dresden um 1900: Altstadt/Terrassenufer (Startpunkt)

  • Dresden Neustadt (heute Restaurant Rosengarten)
  • Waldschlösschen
  • Vogelwiese (nur zur Vogelwiese in Betrieb)
  • Saloppe
  • Loschwitz
  • Blasewitz
  • Wachwitz
  • Tolkewitz
  • Niederpoyritz
  • Laubegast
  • Hosterwitz
  • Kleinzschachwitz
  • Pillnitz
Getagged mit: , , , ,
Veröffentlicht unter Artikel aus der Print-Ausgabe, Der Elbhang-Kurier