Editorial Oktober 2023

Brücken beeindrucken. Als kleiner Steg über den Bach im Grund scheinen sie als Teil der Natur wie von selbst gewachsen und lassen romantische Vor­stellungen aufsteigen. Als gewal­tiges Bauwerk, das ganze Meeresarme überspannt, setzt uns ihre schiere Größe und die Kühnheit der Konstruktion in Erstaunen.

Beim Anblick so mancher Brücke geraten wir ins Schwärmen und sprechen gern von Ingenieurskunst. Wie kaum anderswo treffen sich im Brückenbau Technik und Kunst, Funktionalität und Ästhetik. Mehr noch: Brücken verleiten geradezu, sie auch metaphorisch in Beschlag zu nehmen: Sie verbinden bisher Getrenntes. Man kann jemandem eine Brücke – sogar eine goldene – bauen. So mancher zögert, über »diese Brücke zu gehen.« Ein anderer wiederum sieht sich veranlasst, »alle Brücken hinter sich abzubrechen.« Und in ihrem unvergessenen Song legten sich Simon & Garfunkel 1970 »wie eine Brücke über auf­gewühltes Wasser.«
Der Elbhang ist reich an Brücken – großen und kleinen, berühmten und weniger bekannten. Die Wachwitzer Bachbrücke zählt zu den eher kleinen. Dort kredenzt Familie Freytag in ihrer Besenwirtschaft kühlen Wein zu bezaubern­den Klavierklängen. Das Blaue Wunder ist zweifellos die berühmteste Brücke am Elbhang. Mit der Sanierung klemmt es jedoch, ebenfalls bei den vor 22 Jahren dafür beschlossenen Radwegen. Am 18. September nahmen die Radfahrer die ganze Brücke in Beschlag und forderten endlich ihre Radwege ein – wieder einmal.
Ganz technisch-praktisch: Wie wird man eigentlich Brückenbauer? Über die vielen im Wald am Hang versteckten Brücken gilt es zu berichten und über Wanderwege, die bis in die Heide hinein reichen.
Technisch, künstlerisch, sogar kulinarisch: Dieser »Kurier« betrachtet Brücken unter den verschiedensten Blickwinkeln. Zu wünschen ist, dass (nicht nur) am Elbhang auch der verbindende Geist erhalten bleibt, für den die Brücke steht.
Nicht immer sind Brücken verbindend. Sie können auch Streitpunkt sein, wie es die Waldschlösschenbrücke war. Wir gedenken mit Michael Kaiser† eines Streiters für Alternativen.

Johannes Pförtner

Veröffentlicht unter Allgemein, Artikel aus der Print-Ausgabe