Gedenkblatt für Reiner Goldberg (1939 – 2023)
Mit »Winterstürme wichen dem Wonnemond«, dem Wälseruf aus »Die Walküre« und seiner Paraderolle als Tannhäuser riss er das Publikum zu Beifallsstürmen hin. Welcher Tenor der letzten Jahrzehnte verfügte schon über ein so unverkennbares metallisches Timbre (textverständlich), dass man ihn unter den Heldentenören in ca. 70 Partien unüberhörbar erkannte. Entdeckt im Chor des Sorbischen Ensembles und nach Ausbildung an der Musikhochschule debütierte er an den Landesbühnen Sachsen. Von da aus begann seine Karriere an der Staatsoper Dresden. Der Sängerdarsteller par exzellence gestaltete als »weltbester Max« bei der Eröffnung derSemperoper die Titelpartie. Obwohl seine künstlerische Heimat später die Lindenoper Berlin wurde, die ihn zum Ehrenmitglied ernannte, zog es ihn immer wieder an den Elbhang zu Arno Schellenberg, der ihm anfangs ein Mentor war. In der sensationellen Kupfer- Inszenierung von „Moses und Aron“ sang er den Aron.Von da an gastierte an allen namhaften Opernhäusern der Welt – von der Met bis Tokio! Bei den Bayreuther Festspielen feierte er »…als Titelheld (›Siegfried‹) … wohl den größten Triumph…Da stoben nicht nur die Funken im Schmiedelied, sondern G. hatte auch noch…Kraft für den jubelnden Schluss…«
Nach seiner fast 60jährigen Bühnenpräsenz vertauschte er seinen Platz mit der Opernkantine,um Gesangsschüler auszubilden. Verfügte doch der bescheiden gebliebene Weltstar über einen Erfahrungsschatz, den er gern weitergab. Der Tipp Karajans: »Nehmen sie die kleinen Pausen zum Entspannen und schöpfen sie Kraft aus dieser Entspannung der Stimmen…« Wenn ich darauf nicht gehört hätte, hätte ich meine ›Siegfriede‹ nie durchgehalten.« Reiner Goldberg war begeistert von alten Schallplatten; das sei ihm für das Erlernen der Atemtechnik unglaublich wichtig gewesen. Mit Olaf Bähr und Gunter Emmerlich stand er 2018 in den »Meistersingern« noch auf der Bühne. Eine der überzeugendsten Parsifal- Einspielungen, die ihn Millionen bekannt machte, war der Soundtrack zum Syberberg-Film. Zum Abschied erklang neben dem eingangs aufgeführten Titel Auszüge aus der »Missa Solemnis.« Seine letzte Ruhe fand er in Crostau, in der Nähe seiner geliebten Silbermannorgel.
Dieter Zumpe