Weg 5: »Auf Fachwerkstraßen von Cunewalde nach Eibau«

»Zeigefinger in sächsischer Landschaft«

von Dr. Michael Damme und Matthias Griebel

Januar 2024: Weg 5 »Auf Fachwerkstraßen von Cunewalde nach Eibau«

Wo ma rolln tun

Von Dresden über die F6, über Bischofswerda, Putzkau, Neukirch, Wilthen und Kirschau erreichen wir nach ca. 55 km Autofahrt Cunewalde, den Startpunkt unserer etwa 21 km langen Wanderung durch das Zentrum der Oberlausitz, dem Zentrum der Weberei früherer Zeiten und dem Zentrum auch der Umgebinde-Fachwerkhäuser, die noch an Vergangenes erinnern. Unser Auto parken wir unterhalb der mächtigen Dorfkirche auf dem Parkplatz am Kirchweg. Es ist noch etwas frisch, aber nach einer Schmuddelwetterperiode heute am 24.10.15 ein Bilderbuchtag. Das 11 km lange Tal soll das schönste der Oberlausitz sein.

Cunnewalde – Kirche am Abend. Foto: Dr. Michael Damme

Cunewalde:
Ursprünglich drei um 1200 gegründete fränkische Waldhufendörfer eines Lokators namens Kuno. Seit 1876 und 1939 zu einer Gemeinde vereinigten entstand das langgestreckte Dorf 12 km westlich von Löbau. In der Ortsmitte befindet sich die 1992 neu eröffnete Gedenkstätte für den hier geborenen Dichter Wilhelm von Polenz (1861-1903). Das Herrenhaus des 560 ha großen Rittergutes wurde 1949 abgebrochen. Im von Bouche`1880 angelegten Schloßpark befindet sich die Familiengruft und das Polenzdenkmal (1909). Die von 1780-93 errichtete barocke Saalkirche ist mit 2632 Plätzen die größte deutsche Dorfkirche. Der Turm wurde 1893 aufgestockt. In ungeraden Jahren findet zu Weihnachten der „Lichterzug“ statt. Am 25.1. jeden Jahres feiert man hier die Vogelhochzeit als Dank an die Kinder für das Füttern der Tiere im Winter.
Umgebindehäuser:
Es ist eine Volksbauweise der Oberlausitz aus dem 17.-19.Jh.-eine Kombination der slawischen Blockbauweise und dem fränkischen Fachwerkbau. Das Umgebinde bildet eine Art Traggerüst und der Rähm die direkte Stütze des Dach- bzw. Obergeschosses. Die Blockstube ist besonders groß da sie die Webstühle aufnehmen mußte. Sie hat Fenster nach drei Seiten. Charakteristisch sind profilierte Säulen, Sandsteinpforten und verschieferte Giebel. Etwa 6.000 Umgebindehäuser (von 30.000) überdauerten bis heute, davon allein 262 in Obercunnersdorf.

Vom Parkplatz gehen wir hinauf, einmal auf dem Frühlingsberg um die Kirche herum, deren innere Größe wir aber erst am Abend bestaunen konnten. Dann der Start Richtung Osten, rechts hinunter, über das Cunewalder Wasser bis zur Hauptstraße – 0,5 km. Hier nach links und wenige Meter weiter nach rechts die Straße namens Zieglertal 1,3 km hinauf bis zum Beginn des Waldes am Fuße des Berges Bieleboh, der früher Huhberg hieß. Ein Blick zurück nach Cunewalde in diese wunderschöne Talwanne und hinüber zu den Hängen des Czorneboh, ist für sich schon die Reise wert gewesen. Der Waldweg führt uns steil hinauf, vorbei an stark bemoosten Waldboden, frisch gefällten, mächtigen, gerade gewachsenen Tannen parallel zum Zieglertaler Wasser 0,8 km bis zum Bielebohweg. Diesen 0,6 km nach links weiter bergan und wir sind auf dem Gipfel. Nach 85 Stufen bis zum Aussichtsplateau genießen wir vom Turm aus einen Rundumblick weit In die Oberlausitz und bis tief ins Böhmische hinein, auch nach Süd-Westen zum Kottmar, an dessen Fuß unser gewählter Zielort Eibau liegt.

Umgebindehausgiebel in Cunewalde. Foto: Dr. Michael Damme


Aussichtsturm auf dem Bieleboh. Foto: Dr. Michael Damme

Der Bieleboh (Beleboh):
Früher hieß er Huhberg. Sein Gestein ist ein Zweiglimmergranodiorit. Er liegt gegenüber dem Turm und Gaststätte existieren seit 1883. Czornebohbergkette. Der Höchste Punkt der 11 km langen Bielebohbergkette liegt bei 499m NN mitten im Oberlausitzer Bergland.

Unterhalb der Bergwirtschaft hinunter den gelben Weg Richtung Beiersdorf. Über eine weite Wiesen- und Feldaue (das Wintergetreide zeigte schon erste Triebe) bis zur Zwenkestraße, kurz nach rechts und nach etwa 50m links in einen Schleichweg zwischen zwei Häuschen vorbei, gehen wir die Straße „Am Lärchenberg“ bis zur Löbauer Straße und sind nach 1,2 km um 10:10 Uhr in Beiersdorf.

Rückblick zum Bieleboh vor Beiersdorf. Foto: Dr. Michael Damme


Die roten schmeckten bsonders gut. Foto: Dr. Michael Damme

Nun nach links die Straße entlang, vorbei am Bäcker, der vor 10 Minuten dicht gemacht hat (es duftete noch verführerisch) bis zum Gerichtskretscham. Er hat wie so viele Gastwirtschaften in der Oberlausitz schon lange keine Gäste mehr begrüßt. Ihm gegenüber in die Auestraße, vorbei an einem Sühnekreuz, wo ein Ritter 1662 einen anderen Ritter gemeuchelt hat, bis zur Kirche und vor dieser links in den Schulweg, bis der nach rechts in die Schmiedentalstraße abzweigt- 0,7 km. Die Straße macht einen großen Linksschwenk, vorbei an liebevoll sanierten Umgebindehäusern und an zahllosen Apfelbäumen, voll der herrlichsten Früchte, die jedoch kein Mensch pflückt – schade – uns schmeckten sie. An der folgenden Gabelung marschieren wir rechts einen schnurgeraden Weg Richtung Schönbach. Auf einem Schild liest man, dass hier die ehemalige Schmalspurbahn 14 km von Taubenheim bis Dürrhennersdorf fuhr. Die Gleise wurden 1945 als Reparationsleistung an die Sowjetunion demontiert. Nach 1,2 km sind wir in Schönbach uns gegenüber das schönste Buswartehäuschen, das wir auf all unseren Wanderwegen sahen.
Nun weiter die Beiersdorfer Straße durch den Ort, vorbei an zahllosen Umgebindehäusern und an einer ehemaligen Textilfabrik und nach 900 m links in die „Straße des Friedens“ und wir erreichen den Kretscham und die Kirche, die beide voll in Funktion sind, so wie es sich für ein richtiges Oberlausitzer Dorf gehört. Wir queren die Löbauer Straße und folgen der Straße „Am Frühlingsberg“ bis zu deren Ende – 2,5 km. Hier links den Weg „Am Königsstein“ hinauf zum Kuhberg und oben rechts in den Wald und an nach wenigen Metern nach links.

Beiersdorf:
Das um 1200 von einem Lokator Beier gegründete Dorf wurde 1272 erstmals genannt. Es hatte ein Rittergut und gilt um 1720 als Ort frühen Kartoffelanbaues. Seit 1899 existierte ein Textilwerk der Leinen- und Baumwollweberei. 1907 wurde eine Eisengießerei gegründet, die noch in DDR-Zeiten ein Teilbetrieb des VEB Motorenwerk Cunewalde war. Die evangelische Pfarrkirche von 1853/55 mit dem erst 1912 errichteten Turm entstand nach dem Abriss eines kleinen spätgotischen Vorgängerbaues.
Schönbach:
Es wurde in der 2. Hälfte des 13 Jh. als Waldhufendorf errichtet und besaß seit 1600 zwei Rittergüter und nach dem 30-jährigen Krieg zahlreiche Hausweberein. Deren Erzeugnisse vermarkteten ab 1750 zwei Faktoren, deren einer später als Handelshaus Zische & Söhne die Oberlausitzer Leinwand bis New York, Kuba und Haiti exportierte. Nach dem Abbruch einer schon im 14. Jh. erwähnten Dorfkirche entstand 1780 die evangelische Pfarrkirche als klassizistischer Saalbau.
Dürrhennersdorf:
1300 als „Heinricksdorpp“ erstmals genannt, war es Rittergutsdorf und entwickelte sich im ausgehenden 17. Jh. als Standort der Hausweberei, die noch um 1800 sechzig Webstühle zählte. Auch eine Textilfabrik wurde 1902 gegründet, die 1972 VEB mit 90 Arbeiterinnen wurde. Das Dorf erhielt 1874/75 eine schlichte neoromanische Saalkirche, die 1981 und 1993 restauriert wurde.

Kirche und Kretscham Schönbach. Foto: Dr. Michael Damme


Butz`sche Sammelein in Dürrhennersdorf. Foto: Dr. Michael Damme

An der nächsten Gabelung rechts den Waldweg leicht bergan und in einem weiten Rechtsbogen folgend bis er wieder bergab verläuft. Am Ende des Waldes führt der Kellerbergweg hinab. Wieder geht es über weite Feld- und Wiesenauen bis nach Dürrhennersdorf dessen Hauptstraße wir nach 1,9 km erreicht haben. Die Hauptstraße 100 m nach links und dann rechts in die Straße des Friedens über den Höllengrundbach, vorbei an herrlichen Vollblutpferden, denen wir von den Äpfeln, die auf der Straße liegen geben, weiter oberhalb des Ortes parallel zum Mühlgraben und der Bahnstrecke Zittau-Löbau, vorbei an wundersamen Grundstücken, wo ein Messi alles, was es in der DDR an Landmaschinentechnik gab, abgestellt hat, bis die Bahnhofsstraße unseren Weg kreuzt – 1,3 km. Wir gehen weiter an der Baywa vorbei bis der Weg sich gabelt. Wir folgen dem linken Strang, der über die Gleise führt. Hinter der Brücke nach 0,5 km rechts auf den Lärchenbergweg, der dann links bergan führt. Wir steigen diesen 2,1 km hinauf und oben links in einen DDR-LPG Plattenweg, die Lindenallee, die nach 0,5 km in Kottmarsdorf an der Löbauer Straße endet. Gegenüber durch einen alten Torbogen des ehemaligen Rittergutes. Ein Stück geradeaus und nach rechts in die Dorfstraße bis zur Kirche und der Schule – 0,5 km. Nach weiteren 0,3 km links die Obercunnersdorfer Straße hinauf erreichen wir die Bockwindmühle, die von Wochenendtouristen umzingelt ist. Der Pfarrweg, ein wunderbar zu gehender Weg führt uns Richtung Kottmar. Den Wald an dessen Fuß betreten wir nach 1,2 km. Das Herbstlicht fällt durch die Baumwipfel und teilt sich märchenhaft.

Bockwindmühle Kottmarsdorf. Foto: Dr. Michael Damme


Faktorenhaus in Löbau. Foto: Dr. Michael Damme

Am Jagdweg nach rechts in den Bierweg und diesen links hinauf bis zur Spreequelle – 1,4 km. Den Wolfsgrubenweg weiter über die Straße, die zum Berggipfel führt, über eine Lichtung bis zum Waldrand. Eine große Wiesenfläche erstreckt sich bis nach Löbau hin. Wir gehen links am Waldrand entlang und dann schnurgerade nach unten. Wir haben den Faktorenhof Eibau, unser Ziel erreicht – 2,3 km. Die zugehörige Gastwirtschaft hat von 14 – 17 Uhr geschlossen! Mit dem Bus Linie 55 bis Ebersbach. Dann mit dem Bus Linie 51 bis Löbau Busbahnhof und der Linie 110 bis zurück nach Cunewalde, vorbei an vielen Umgebindehäuschen. Links vor der Kirche „An der Wolfsschlucht“ bestaunen wir den liebevoll gestalteten Umgebindeminiaturpark, der die Vielfältigkeit dieser Bauweise an ehemaligen und noch heute existierenden Häusern und die Liebe der hier lebenden Menschen zu ihrer Oberlausitz zeigt.

Kottmarsdorf:
Es wird 1306 erstmals genannt, vielleicht als sorbische Siedlung eines Chotemer. Im 2 km langen Waldhufendorf gab es neben Bauern seit 1606 ein Rittergut, dessen adlige Grundherren bereits 1793 durch bürgerliche Gutsbesitzer abgelöst wurden. Im Friedhof befindet sich die evangelische Pfarrkirche, ein einschiffiger Saalbau von 1736, die erst 1854 ihren Westturm erhielt. Auf dem bis 435 m ansteigenden Pfarrberg steht die Bockwindmühle von 1843, die 1937 wieder hergestellt wurde und bis 1943 in Betrieb war, ist heute ein Denkmal.
Kottmar:
Mit 583 m NN ist er einer der höchsten Berge der Oberlausitz, aus drei Gesteinen bestehend.
Bis 540 m Granit, dann Phonolith und ostseitig Basalt. Auf dem Bergplateau steht seit 1881 ein Aussichtsturm und seit 1882 eine Bergbaude. Hier verläuft auch die s.g. Wasserscheide der Flüsse, die in Ost- bzw. Nordsee fließen. 100m unter dem Gipfel liegt der Buchenborn, neben Pfarrborn und Spreeborn die dritte und höchstgelegene Spreequelle.
Eibau mit Faktorenhof:
Der Ort besteht aus dem älteren, 1352 genannten Alt-Eibau und dem 1791 entstandenen Neu-Eibau. Es war ein bedeutendes Dorf mit zahlreichen Hauswebereien sowie einer Textilfabrik.
Deren Besitzer Hofmann gehörte 1914 mit 7,5 Mio. Mark zu den reichsten Sachsen. Die ev. Pfarrkirche von 1703/07 ist eine stattliche, barocke Wandpfeilerkirche. Der Brauereibetrieb (v.a. Schwarzbier) existiert durch die Familie Münch seit 1810 in der Gemeinde. Den s.g. Faktorenhof dominiert der 2-geschossige Hauptbau mit Fachwerkobergeschoß und floral verzierten Korbbogenportal von 1717, dessen Räume im Obergeschoß wertvolle Decken- und Wandbemalungen aus der Erbauungszeit aufweisen. Heute dient das Haus musealen, gastronomischen und Lokalgeschichtlichen Zwecken.

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