»Zeigefinger in sächsischer Landschaft«
April 2024: Weg 8 »Weißwasser – Bad Muskau – Kromlau«
von Dr. Michael Damme und Matthias Griebel
Himmelfahrt ins Blütenmeer der Muskauer Heide
Es ist der 14.5.2015 – Himmelfahrtstag. Das Wetter soll trocken bleiben, locker bewölkt und um die 15 Grad warm oder kühl – wie man`s nimmt. Also ideales Marschierwetter hin zu den Rhododendron- und Atzaleenblühten. Startpunkt für uns ist Weißwasser, etwa 120 km von Dresden entfernt. Um 9:30 Uhr sind wir dort am Parkplatz beim Bahnhof der Waldeisenbahn. Nach einer kurzen Visite bei den Hobbyeisenbahnern, die eine sehenswerte Anlage aus Großvaters Zeiten in Schuß halten, geht es los immer am Gleis entlang Richtung Bad Muskau unserem ersten Ziel. Nach etwa 0,9 km sind wir an der Muskauer Straße und folgen dem Gleis 0,7 km weiter bis zur K8479. Hier überqueren wir die Muskauer Straße und treten halb links in einen Waldweg ein (gelb/weiße Markierung). Dieser führt uns durch einen Teil des Landschaftsschutzgebietes „Geopark Muskauer Faltenbogen“, ein Endmoränenzug und teilweise über die Talsandflächen des größten Binnendünengebietes der Bundesrepublik, entstanden in der Nacheiszeit (10.000 v.Chr.). Nach 2,0 km erreichen wir die Häuser vom Örtchen Krauschwitz.
Weißwasser:
Der slawische Ort (1351 genannt) „Bela Woda“ wurde 1551 als Weißwasser eingedeutscht, erhielt erst 1935 Stadtrecht, war ab 1815 preußisch und seit 1990 wieder zum Freistaat Sachsen gehörend. Seit 1873 Zentrum der Lausitzer Glasindustrie, mit um 1900 11 Glashütten und um 1939 weltweit größter Glasproduzent!!! 1895 erfolgte der Bau der „Waldeisenbahn“ (600m/m Schmalspur) von Muskau nach Kromlau, die 1978 eingestellt wurde und seit 1992 zu touristischen Zwecken durch die Aktivitäten eines Vereins wieder in Betrieb ist. Die Stadt hat seit 1932 den Verein für Eishockey, heute „Lausitzer Füchse“ und ein Kunsteisstadion mit 12.000 Plätzen.
Der ab 1960 industriebedingte Bevölkerungszuwachs führte zum Bau einer neuen Wohnstadt. Beide Kirchen sowie Rathaus und Kreisgericht stammen erst aus der Zeit um 1900.
Auf dem Heideweg erreichen wir nach 0,7 km die Bautzner Straße (B115). Gegenüber geht es in den Kornblumenweg hinein. Diesen folgen wir rechts einschwenkend 1,2 km, bis dieser die Schienen der Kleinbahn am Beginn des Bergparkwaldes kreuzt. Hier macht der Waldweg hinter dem Gleis einen Linksschwenk bis er dann nach rechts lange durch den Bergpark verläuft. Nach etwa 1,4 km sind wir an dessen Ende, an der Kleinen Schlucht. Hier führt der Weg rechts der Schlucht steil hinab in die Neustädter Berggasse. Die Schmelzgasse und die S127 querend, vorbei an dem Sowjetischen Ehrenmal erreichen wir die Hermanns-Neiße und so den südlichen Beginn des Muskauer Parks – 0,4 km. Die Hermanns-Neiße überquerend stehen wir vor dem Muskauer Schloß – 0,3 km und sind von dessen Pracht beeindruckt und ebenso von der unglaublichen Leistung und Perfektion der Arbeit der Restauratoren – Hut ab! Beim Rundgang um den Eichsee erreichen wir an seinem Ende die Brücke, die über die Neiße nach Polen führt. Erwähnenswert ist, dass 2 km flussabwärts im Ortsteil Köbeln sich die Durchbruchstelle der Roten Armee am 16.4.1945 befand. Unsere Runde durch den herrlichen Park beenden wir nach 1,5 km am Markt. Weiter über die S127 nach rechts und gleich wieder nach links die Treppen hinauf zur Bockkellergasse. Die nach links bis zur Schillerstraße und dann nach rechts bis zur Kreuzung, wo die Richard-Wagner-Straße abgeht – 0,6 km.
Bad Muskau:
Der 1253 erwähnte Ort hatte in einer Wasserburg einen deutschen Herrensitz, wurde 1452 Stadt und ist Hauptort der ehemaligen Standesherrschaft in der Muskauer Heide. Der Badbetrieb (Moorbad) geht auf 1822 zurück, 1921 erfolgte die Anerkennung als „Bad“. Hermann Ludwig Heinrich Fürst von Pückler (1785 – 1871) gestaltete in seiner Standesherrschaft mit dem Alten Schloß (Ursprung im 14. Jahrhundert) den 600 ha umfassenden Landschaftspark (heute 200 ha deutsch und 400 ha polnisch). Er verkaufte Stadt und Park 1845 für 1,7 Mio Taler dem Prinzen Heinrich der Niederlande. Das Alte Schloß wurde 1863 – 66 erneuert und mit Park 1864/65 das Neue Schloß nach Entwürfen von Hermann Wenzel erbaut. Beide Schlösser (das Neue noch nach der Kapitulation) wurden, wie auch 70% der Stadt, 1945 zerstört. Beide (das Alte bereits 1965/70) Schloßbauten sind wieder aufgebaut. Das Neue Schloß beherbergt seit kurzer Zeit einen bedeutenden Musealen Komplex.
Nach 1.7 km durch die Siedlung und übers freie Feld schwenkt die Richard-Wagner-Straße nach rechts weg und wir nehmen aber den Waldweg, der halb links durch den Busch bis zur B 115 führt. Hier müssen wir etwa 150m nach links gehen und dann hinter dem letzten Häuschen nach rechts über eine Wiese bis zum Waldrand. Hier folgen wir dem Seeweg am Wald, vorbei am Seeteich und an Grundstücken, die voll der herrlichsten Rhododendren- und Azaleenbüsche sind – oft üppiger als in den großen Parks selbst.
Am Ende kommen wir an der „Gablenzer Freizeit“, in Gablenz an. Der Biergarten war voll der trinkseeligen „Männertagskameraden“, die uns normale Wanderer wie Außerirdische ansahen. Wir passieren die wunderliche Gesellschaft und biegen links in die Dorfstraße ein, dann rechts durch den Park bis zur Schulstraße und rechts in den Kromlauer Weg. Der führt direkt in den Kromlauer Park, dessen Beginn wir nach 2,0 km von Gablenz aus erreicht haben.
Wir drehen eine gemütliche Runde von der Rakotzbrücke zum Kavaliershaus und weiter zum Herrenhaus. Dann den Kromlauer Weg bis zum Bahnhof der Waldeisenbahn. Hier findet gerade hinter dem Frauenhaus ein Gottesdienst im Freien mit Pfarrer, Chor und Orchester statt. Auf der anderen Gebäudeseite gibt es selbst gebackenen Kuchen und Bratwurst mit Bier – wir schlagen zu, bevor unser letzter Tagesabschnitt beginnt. Die Frauen erzählen uns über die Veränderungen in der Arbeitswelt und sagen uns, dass wir unbedingt auf den Schweren Turm am Tagebau Nochten sollten und dass auch die Glaspyramide in Döbern für Glasfans unbedingt besucht werden müsste. Na ja, das merken wir uns für später vor.
Der Kromlauer Park:
Der Gutsbesitzer Friedrich Hermann Rötzschke ließ sich 1844/45 ein kleines spätbarockes Schloß bauen und umgab es, nach Pücklerschen Vorbild, mit einem 200 Hektar großen Landschaftspark mit dem Rakotzsee und der Rakotzbrücke. 1875 tauscht Rötzschke das Anwesen gegen einen Bauplatz in Berlin Wilmersdorf. Danach hat es in 14 Jahren sieben Mal den Besitzer gewechselt. Zuletzt 1889 erwirbt es der Graf von und zu Egloffstein-Arklitten das Rittergut samt Park. Der Gartenbauinspektor Georg Eichler beginnt neben den bisherigen Baum- und Strauchgewächsen in größerem Umfang Rhododendren und Freiland-Azaleen anzupflanzen, die der Anlage sein heutiges Flair mit verdanken. Im Park befindet sich auch das Kavaliershaus (Sitz der Parkverwaltung) mit darin befindlichen, bedeutenden Wandmalerei. Von den einst reichen Skulpturen im Park sind nur noch Reste vorhanden.
Zwischen verwunschenen Seen vorbei gehen wir die letzten 2,0 km entlang der Bahn. Ein Seeadler erhebt sich von einem toten Baumstamm und setzt noch ein kleines Sahnehäubchen auf die gewonnen Eindrücke, hier ganz im Osten unseres Landes. Nach fast 17 km endet unser Blütenweg wieder an seinem Beginn, am Waldeisenbahnhof Weißwasser.