Seit 1994 treffen sich Seniorinnen und Senioren aus Bühlau, Loschwitz, Weißer Hirsch und Umgebung in der Seniorenbegegnungsstätte BÜLOWH in der Pillnitzer Landstraße 12, gegenüber der Loschwitzer Kirche.
Bülowh im „Ärztehaus“ Loschwitz
Hier wurde Ende des 19. Jahrhunderts das damalige Haus (Brand-Kataster-Nummer 305) mit dem gut sichtbaren Turm erbaut. Als erster Eigentümer wird 1888 Friedrich Wilhelm Voigt genannt. Ihm gehörte auch das wenig später erbaute Haus Nr. 14 nebenan, in dem sich bis zum Ersten Weltkrieg das „Kaiserliche Post-und Telegrafenamt“ befand. Die Loschwitzer „Körnerschule“ in der Pillnitzer Landstraße 16 schloss sich an. Mit der Loschwitzer Eingemeindung 1921 war der Fabrikbesitzer Albert Walther (wohnhaft auf der Plattleite) Eigentümer der Pillnitzer Landstraße 12. Später – etwa um 1930 – gehörte das Haus Nr.12 ebenso wie die Nr. 14 der Stadtgemeinde. Etwa 1934 erwarb das Haus der praktische Arzt Dr. med. Oskar Heinrich Schrader.
Im Nachbarhaus Nr. 14 praktizierte der Arzt Dr. Kurt Merkel. Beide Häuser wurden jedoch ebenso wie die „Körnerschule“ im Februar 1945 beim Bombenangriff auf Dresden vollständig zerstört. Das Haus Pillnitzer Landstraße 12 wurde 1948 durch Dr. Schrader wieder aufgebaut. Er wohnte hier und seine Praxis stand den Loschwitzern erneut zur Verfügung. Zu dieser Zeit befand sich vor dem Haus Dr. Schraders ein Brunnen, der aus Trümmerbruchstücken vom „Weißen Hirsch“ errichtet wurde.
In den 60er Jahren und nach dem Tod von Dr. Schrader (1969) waren auch zwischenzeitlich Wohnungen im Haus, bis sich dann ein umgangssprachliches „Ärztehaus“ etablierte. Drei Allgemeinmediziner und ein Kinderarzt hatten hier ihre Praxen – die Loschwitzer „Poliklinik“ und die „Mütterberatung“. Auch heute befinden sich noch zwei Arztpraxen und eine Zahnarztpraxis im Haus. Nach der Wende wurde ab 1991 eine Sozialstation mit dem Ziel der häuslichen Pflege aufgebaut.
Mit dem Engagement der umliegenden evangelischen und katholischen Kirchgemeinden Loschwitz, Weißer Hirsch und Bühlau und großem persönlichen Einsatz, genannt seien hier besonders Herr Pfarrer Flämig und Herr Peter Rauch, konnte 1991 die Sozialstation BÜLOWH gegründet werden. Sie wird von Herrn Axel Pürckhauer als Geschäftsführer geleitet. Daraus entwickelte sich die heutige, so begehrte Seniorenbegegnungsstätte. Durch die Landeshauptstadt Dresden maßgeblich gefördert, ist es ihr Anliegen, Einsamkeit, Isolation und dem Gefühl des „nicht mehr gebraucht werdens“ entgegenzutreten. Die Leiterin ist seit 2004 Frau Anja Klemm, die mit Frau Jeannette Lorenz die Begegnungsstätte führt.
Im Dresdner „Wegweiser für Senioren und ihre Angehörigen“ zitiert der Erste Bürgermeister Dr. Lutz Vogel eine deutsche Spruchweisheit: „Das Altwerden ist leider immer noch das einzige Mittel, lange zu leben.“ In der Seniorenbegegnungsstätte soll die Last des „Altwerdens“ durch angepasste Betätigung zumindest für eine gewisse Zeit zur Freude werden. Menschen brauchen auch im Alter Anregung, Abwechslung und soziale Kontakte wie die Luft zum Atmen. Für einige Senioren (die Seniorinnen sind damit selbstverständlich ebenso gemeint) stellen die Besuche in der Begegnungsstätte ein sehr wichtiges strukturierendes Element im Tagesablauf dar. Das abwechslungsreiche Programm von BÜLOWH bietet z. B. Malen und Zeichnen, Keramik-, Literatur-, Englisch-, Computer-/Internet- und Sportkurse an.
Hier lernen und üben die Teilnehmer gemeinsam, kommen miteinander ins Gespräch, tauschen Informationen aus oder stehen sich auch mit Rat und Tat zur Seite. Sehr beliebt sind auch die Wandergruppe, das Gedächtnistraining und nicht zuletzt die Theatergruppe „Loschwitzer Spielmacher“. Diese tourt momentan mit einer Kriminalkomödie „Fünf Türen“ durch verschiedene Einrichtungen in Dresden und Umgebung. Die Themen des offenen Seniorennachmittags reichen von Diavorträgen über Lesungen bis hin zu Informationen über Gesundheit, Vorsorgevollmachten und Pflege. Das Altersspektrum der Senioren reicht von 55 bis „hochbetagt“ und etwa 450 – 500 Besucher nehmen monatlich an den Kursen und Veranstaltungen teil. Viele Senioren sind noch gesund und aktiv, andere würden ohne Hilfe den Weg nicht allein bewältigen können. Anfangs gibt es gelegentlich noch Berührungsängste und Hemmungen. Es ist oft nicht einfach, sich nach langer Einsamkeit in eine Gruppe einzufügen und die Angst „Wie reagieren die anderen?“ muss erst mal überwunden werden. Doch gerade an dieser Stelle unterstützen die Mitarbeiterinnen die Interessenten bei der Suche nach der geeigneten Gruppe und helfen einfühlsam bei der Integration.
Viele Senioren blühen regelrecht wieder auf. Ihr Selbstbewusstsein wird gestärkt. Sie merken, dass sie noch etwas lernen und leisten können und für andere wertvoll und bereichernd sind. Der Kontakt zu anderen Menschen tut ihnen einfach gut. Sie werden ermutigt, wieder eine eigene Meinung zu formulieren und diese zu vertreten. Meist dreimal in der Woche – und damit eine der „fleißigsten“ Besucher der Begegnungsstätte ist Frau Zeibig. Sie ist sicher noch vielen Loschwitzern gegenwärtig, als in der DDR-Zeit am Körnerplatz der Gemüsestand von Zeibigs immer eine gewisse „Hoffnung“ war… Inzwischen 88 Jahre alt, freut sie sich auf jeden Besuch: Jeweils Dienstag zum offenen Seniorennachmittag und Freitag zum Gedächtnistraining. Dazu kommt sie noch zweimal im Monat zum Skat! Frau Zeibig ist alleinstehend, sie will reden und sucht die Unterhaltung mit netten Leuten, damit ihr nicht „die Decke auf den Kopf fällt“, wie sie Anja Klemm im Gespräch erklärt. Mit diesen sozialen Kontakten, dem Besuch von Vorträgen und Lichtbildervorträgen wünscht sich Lisbeth Zeibig: „Die Seniorenbegegnungsstätte soll so bleiben wie sie ist“.
Die Begegnungsstätte bietet jedoch auch zusätzlich Beratung für Senioren und deren Angehörige in sozialen Fragen. Frau Klemm und Frau Lorenz werden von über 20 ehrenamtlichen Helfern unterstützt. Diese sind im Fahrdienst oder in der Leitung und Organisation von Kursen tätig. Andere besuchen Menschen, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes die Wohnung nicht mehr verlassen können. Sie spielen mit ihnen, hören zu und sind einfach nur für sie da. Allen „Ehrenamtlichen“ gilt der besondere Dank.
Die Seniorenbegegnungsstätte bietet ein breites und spannendes Betätigungsfeld für Interessierte, die sich ein soziales Engagement am Elbhang vorstellen können. Die Vielfalt der Angebote für die Senioren ist ohne die Unterstützung der fleißigen Helfer nicht möglich. Das gesellschaftliche Miteinander von Starken und Schwachen, Gesunden und Kranken, Jungen und Alten versteht BÜLOWH als den diakonischen Auftrag der Kirchgemeinden und lädt alle Gleichgesinnten ein, die einen kleinen Beitrag dazu leisten wollen – und können.
Bei Interesse erfahren sie mehr: Axel Pürckhauer oder Anja Klemm, Tel.: (0351) 2 68 39 92.
Wolfgang Götz