Weg 3: »Von Hochkirch über den Czorneboh nach Bautzen«

»Zeigefinger in sächsischer Landschaft«

von Dr. Michael Damme und Matthias Griebel

November 2023: Weg 3 »Von Hochkirch über den Czorneboh nach Bautzen«

Durch die alten Götterberge

Es war am 12. Oktober 2012, als wir zu dieser Wanderung antraten. Fast auf den Tag genau vor 254 Jahren gab es eine der grausamsten Schlachten in den Morgenstunden des 14. Oktober, damals im Siebenjährigen Krieg in den Dörfern rings um und in Hochkirch. Unser Auto stellten wir vorm Bautzner Bahnhof ab. Vom Gleis 2 fuhr der Zug mit uns 2 Stationen bis Pommritz (Pomorcy), dem eigentlichen Ausgangspunkt unserer 18 km langen Tour durch die „Alten Götterberge der Wenden“ bis nach Bautzen (Budysin). Der Weg führt durch den Naturraum des s.g. Lausitzer Gefildes und wir streifen beim Aufstieg zum Czorneboh auch das Granitmassiv des Oberlausitzer Berglandes. Würde man vom Bahnhof Pommritz aus in Fahrtrichtung der Bahn nach links 1,5 km gehen, käme man nach Niethen (Necin). Dort befindet sich eine frühgeschichtliche Slawenschanze auf der der „Alte Fritz“ am 14.10.1758 die blutige Schlacht verfolgte. Wir marschieren aber nach rechts 1,2 km die Landstraße bis nach Hochkirch (Bukecy). Die barocke Kirche bestimmt weithin das Ortsbild und bildet mit den dahinter liegenden Bergen ein wundervolles Landschaftspanorama.

Hochkirch

Hochkirch und der 14.10.1758:
Das um das Jahr 1200 erwähnte Buckewitz (Buckenort) wird 150 Jahre später „Hoynkirchen“ genannt, was auf einen früheren Kirchenbau schließen lässt.
Die heutige barocke Stadtkirche wurde 1717-1720, der Turm aber erst 1750, errichtet.
Der Altar stammt noch vom Vorgängerbau, hinter ihm steht das Denkmal für den hier 1758 gefallenen preußischen Generalfeldmarschall Jakob Keith.
Hochkirch war zwei Mal der Ort großer Schlachten: 1758 und 1813.
1758, im Siebenjährigen Krieg (1756-1763, auch 3. Schlesischer Krieg) fügten am 14. Oktober bei Hochkirch die Österreicher unter Feldmarschall Graf von Daun der Armee Friedrich des Großen eine seiner schwersten Niederlagen zu. Die Verluste betrugen auf beiden Seiten mehr als 5000 Mann. Besonders in der „Blutgasse“ sollen die Kämpfe am schlimmsten gewesen sein.
In eine zweite Schlacht wurde Hochkirch am 20./21.05.1813 im Zuge der Schlacht um Bautzen einbezogen. Nach der Niederlage der verbündeten Preußen und Russen bei Großgörschen (siehe 39. Weg), hatten sich diese nach hier zurückgezogen und wurden von dem siegreichen Napoleon in die Flucht geschlagen. Zusammen mit über 20 weiteren Dörfern wurde dabei auch Hochkirch völlig zerstört. Nur die Kirche hat die beiden Kriegshandlungen fast unbeschädigt überstanden.

Die Blutgasse hinauf, vorbei am Gasthof zur Post, betreten wir den Friedhof mit seiner traurigen Geschichte. Wir lesen die Inschriften der Obeliske, die Freund und Feind als Helden für Kaiser, König und Vaterland würdigen. Direkt an der B6, gegenüber der Kirche liegt der „Alte Fritz“, besser da steht er, nämlich die altehrwürdige Kneipe gleichen Namens, die leider wie so viele kleine schöne Dorfkneipen, wegen fehlenden Nachfolger und fehlendem Interesse der Menschen ringsum, schließen musste. So jedenfalls sagten es die Eingebohrenen, die uns zum Kaffee beim Bäcker so einige Schnurren, zu ihrem Ort erzählen konnten.
Wir überqueren die B6 und gehen auf der gegenüber beginnenden Kirchallee 1 km über die Felder und dann nach rechts 1 km über Neuwuischke „Am Waldrand“ entlang bis Wuischke (Wujezk). Geht man ein paar Meter die Dorfstraße nach rechts, steht man an einem Mahnmal, das uns an die Ermordung von 85 polnischen und sowjetischen Kriegsgefangenen in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 erinnert. An der Diakonie laufen wir die Straße 0,5 km nach rechts vorbei am Forsthaus bis zum Waldrand. Die Straße führt weiter in Serpentinen bis zum Löbauer Weg. Wir steigen aber gerade, steil die Schneisen durch den Schimmelbusch hinauf bis zum besagten Löbauer Weg. Mit leicht schmerzenden Wadeln erreichten wir nach 1 km die Straße, die zum Czorneboh hinauf führt. Nach 0,6 km macht die Straße einen Linksschwenk und nach 0,3 km geht’s wieder nach rechts. Hier steigen wir hinauf in den Waldweg mit dem blauen Punkt. 1 km führt dieser wilde Weg uns, vorbei an einer steinernen Tischtennisplatte mitten im Wald, bis auf den Gipfel mit dem Aussichtsturm. Im Berggasthof bekommt man den Turmschlüssel und steigt nach oben und kann den herrlichen Rundblick über das Lausitzer Hügel- und das Oberlausitzer Bergland genießen. Wieder ergreift uns das Gefühl, in einem wunderschönen Land zu leben. Ein Gefühl, das man sich erwandern kann. Na ja! Für sentimentale Gedanken lässt der Abstieg über einen ruppigen Bergweg aber kaum viel Zeit. Nach 2,5 km erreichen wir die Straße nach Cunewalde. Wir gehen nach links die Straße ein paar Meter hinauf und dann nach rechts wieder in den Wald hinein. Bis nach Cosul (Kozly) wird der Weg, vorbei an den stillgelegten Granitsteinbrüchen immer einfacher. Nach 1,3 km sind wir in Cosul und verlassen die Götterberge der Wenden.

Wald am Döhlener Berg


Hinab nach Cosul

Der Czorneboh:
Der Berg, mit 561 m über NN ist die höchste Erhebung der nördlichen Oberlausitz, und hieß bis um 1900 amtlich Schleifberg.
Nun trägt er (seit der Romantik) seinen an den schwarzen (bösen) Gott der Slawen erinnernden
Namen.
Vorgeschichtliche Ringwälle auf dem Berg deuten auf frühe Kultstätten oder auch auf eine Fliehburg hin.
1851 wurde im Zuge der Erschließung für den Fremdenverkehr neben dem Gasthaus der 23 m hohe Aussichtsturm errichtet, von dem etwa 900 Blickpunkte erlebbar sind.
Das Gestein des Berges ist Granodiorit, das hier in Form des Zweiglimmergranodiorit vorliegt und zu einem mächtigen Granitmassiv gehört, das sich von der Neiße bis zur Elbe erstreckt.

Nach links geht’s bis zum geschlossenen Wirtshaus „Zur Linde“ und da rechts 0.8 km hinab bis nach Kleinkunitz. Dort ein paar Meter nach rechts und dann links hinauf den Feldweg durch die beiden Hügel, den Thromberg und den Alten Wall. Nach 1 km macht der Weg eine Linksbiege. Etwa 0,2 km weiter führt ein Waldweg rechts hinab. Nach 1 km durch Wald und über ein Feld erreichen wir Binnewitz (Bönjecy). Die Äpfel von den am Feldrand stehenden Bäumen schmecken köstlich und landen leider nicht mehr auf den Ladentischen, denn die kommen heute aus Italien oder Chile – komische Welt. In Binnewitz geht’s nach rechts und dann gleich nach links in die Straße nach Grubditz (Hrubocicy) 1 km. Dort im Dorf dann nach links über den Oberkainaer Weg hinauf aufs Feld. Oben an der Pferdekoppel nach 0,7 km führt der Feldweg nach rechts Richtung Bautzen. Hinter dem Waldrand queren wir auf der Eduard-Möricke–Straße die Bahnlinie nach Görlitz und erreichen nach 1,2 km den Vorposten von Bautzen, den Ortsteil Strehla. Der letzte Abschnitt geht zwangsläufig auf der gut frequentierten Thrombergstraße und der Dr.-Peter-Jordan-Straße 2 km bis zum Bahnhof, unserem Ausgangspunkt. Er zeigt uns mit aller Deutlichkeit den Unterschied zwischen dem hochtourigen Leben in einer Stadt und dem beruhigteren Leben im Hinterland in einer aber insgesamt lebenswerten Kulturlandschaft, die wir gerade durchwanderten. Wir fahren ins Stadtzentrum und halten hinter der Friedensbrücke noch einmal an und genießen den einmaligen Blick auf die Ortenburg und die Altstadt. Zum Weihnachtsmarkt werden wir auf alle Fälle wieder hierher kommen. Und wenn abends klares Wetter ist, sieht und hört man vielleicht sogar `nen „Silbermond“.

Bautzen, Altstadt

Bautzen:
Die schon im mittleren Steinzeitalter bezeugte Siedlung bildete dann um 850 das Zentrum der slawischen Milzener und wurde als Stadt 1240 erstmals erwähnt.
An der Hohen Straße als Teil der Via Regia gelegen, war Budissin (erst 1868 amtlich „Bautzen“) 1346 Mitbegründendes Mitglied des Oberlausitzer Sechsstädtebundes.
Es gehörte einst zu Böhmen, um 1300 zu Brandenburg, wurde danach wieder Böhmisch und kam, wie die Oberlausitz überhaupt, 1635 an Kursachsen.
Trotz Stätte mehrfacher kriegerischer Ereignisse, ist Bautzen als ein bedeutendes Denkmal deutscher Städtebaukunst bis heute erhalten.
Das „Sächsische Rothenburg“ – so sein Synonym – zählt über 1500 geschützte Baudenkmale.
Die Ortenburg, um 950 als Kaiserliche Grenzfeste angelegt und später zum Schloßareal ausgebaut, der Dom St. Peter von 1497 (Simultankirche mit benachbarter Domschatzkammer), das Rathaus von 1730, die Alte Wasserkunst von 1496 sowie zahlreiche Ensemble an Herrschafts- und Bürgerhäusern, seien stellvertretend genannt.
Mit dem Namen der Stadt sind auch das „Gelbe Elend“ (Landesgefangenenanstalt von 1900-1904) sowie die berüchtigte Haftanstalt „Bautzen II“ verbunden.



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