»Zeigefinger in sächsischer Landschaft«
von Dr. Michael Damme und Matthias Griebel
Dezember 2023: Weg 4 »Entlang am Klosterwasser der Sorben«
Ein Osterspaziergang zu Rössern und Reitern (gegangen am 08.04.2012)
Von Dresden über die F6, hinter Großhartau über Rammenau erreichen wir nach 45 km Autofahrt Panschwitz-Kuckau im Kamenzer Land – echtes sorbisches Kernland. Hier ist der katholische Glaube, wie in keinem anderen sächsischen Gebiet so tief verwurzelt.
Unser Auto parken wir oberhalb des Klosters an der Cisinskistraße.
Diese Tour muss man, ja darf man nur am Ostersonntag unternehmen. Beginn ist dabei pünktlich und nicht später!!! – als 9:00. Denn am Wendepunkt des Weges erwartet uns etwas Einmaliges, was es schon vor 500 Jahren dort zu erleben gab. Der Weg führt vom Rande des Westlausitzer Hügel- und Berglandes in die Landschaft des s.g. Oberlausitzer Gefildes. Hier befindet sich eine bis zu 5 m mächtige und fruchtbare Lößbodenschicht, die über dem Granodioritgestein liegt.
Kloster Marienstern Panschwitz-Kuckau:
Im urkundlich älteren Kuckau der erst 1957 vereinigten Doppelgemeinde hatten die Reichsminis-terialen von Kamenz 1248 ihr Hauskloster begründet. Der Sage nach soll an dieser Stelle in undurchdringlicher Wildnis der Ritter Bernhard die Heilige Maria angerufen haben, die ihm mit dem Aufleuchten des Abendsterns einen rettenden Weg gewiesen haben soll. Als der Klosterbau vollendet war, wurde Marienstern 1264 in den Zisterzienserorden aufgenommen.
Das reichlich mit Dörfern ausgestattete Kloster stand auch unter dem Schutz der Böhmischen Könige, bis 1635 deren Lausitzer Kronland an das reformatorische Sachsen kam. Ein dabei abgeschlossener Traditionsrezeß sicherte jedoch dem Kloster seinen uneingeschränkten Fortbestand. Älteste mittelalterliche Teile sind in den Bauten von Küchengebäude, Kreuzgang, Konventhaus und Torhaus noch erhalten. Prägend war jedoch die barocke Bautätigkeit des 18. Jahrhunderts. Klosterkirche mit Kreuzgang, westlicher Abteiflügel, Neues Konvent, Beamten- und Gästehaus sowie das erst 1832 errichtete Maria-Martha-Heim bilden die heutige Klosteranlage, zu welcher auch Kloster- und Kanzleigarten, der Konventfriedhof sowie mehrere Brunnen und Denkmäler gehören. Im Zuge der ersten Sächsischen Landesaustellung „Zeit und Ewigkeit“, 1998, erfuhr die Gesamtklosteranlage eine umfassende Instandsetzung.
Unter den 18 Klosterschwestern und ihrer Mutteräbtissin ist Marienstern nicht nur ein Ort konfessioneller Glaubenspflege, sondern auch mit zahlreichen Angestellten in sozialen Einrichtungen, Gärtnerei, Bäckerei und Gasthaus eine dem Gemeindewohl dienende öffentliche Einrichtung.
Vom Parkplatz gehen wir hinab an der Klostermauer entlang 0,2 km in den Klosterhof und lauschen in der Kirche einer Osterandacht. Nun aber los, sonst verpassen wir das ganz besondere Ereignis noch. Unten an der Hauptkreuzung geht’s an den Bierstuben in den »Kunigundenberg« 0,3 km bis zur Rosenthaler Straße und nach 0,2 km links in den Mühlweg. Dann wieder 0,2 km links auf der Rosenthaler Straße und dann nach rechts 0,1 km »An der Schanze«. Und nun nach links in den Höfleiner Weg – 1,3 km. Etwas bergauf – ansonsten haben wir eine ebene Strecke vor uns – sehen wir zum Kloster zurück, dann erkennen wir auch die Kamenzer Berge im Hintergrund, wohin auch die historische Via Regia führt, auf der wir gerade gehen.
Nach 1,5 km erreichen wir Höflein. Vorbei an einer stattlichen Gutsvilla, den Gärtnerweg entlang über die Crostwitzer Straße links in den Mittelweg. Dieser führt uns 1,4 km entlang bis zur Waldgrenze, bis an Handricks Teich. Überall gepflegte Bänke, die zur Rast einladen und kein Müll und Dreck trübt unser Wanderauge. An Wegkreuzen und einer Marterlsäule geht es weiter am Waldrand entlang 1,3 km bis Delanske (3 Häuser) wo uns ein alter, heiserer Ziegenbock meckernd begrüßt. Nach rechts bis zur Zernaer Straße folgen wir dieser 1,5 km bis hinein nach Rosenthal. Die Kirchturmspitze, die hinter dem Wald hervor lugt, zeigt, dass es so weit nicht mehr ist. Die Wallfahrtskirche »Heilige Maria von der Linde« dominiert die Silhouette dieser Landschaft.
Rosenthal:
Der 1350 genannte Ort gehörte, wie etwa 50 weitere Dörfer, zur Ausstattung des Klosters Marienstern. Die weithin sichtbare katholische Wallfahrtskirche »Heilige Maria von der Linde« von 1778 ersetzte einen Vorgängerbau, in welchem bereits seit dem 15. Jahrhundert Marienverehrungen stattfanden. Mittelpunkt derselben ist ein aus Lindenholz gefertigtes Gnadenbild der Heiligen, das seit dem Hussiteneinfall über alle Zeitwirren erhalten geblieben ist und sich im Zentrum des Kirchenaltares befindet. Die 1945 durch Kriegseinwirkungen völlig ausgebrannte Kirche wurde schon bald danach völlig wiederhergestellt.
Dicht bei dem Gotteshaus befindet sich durch ihre heilende Wirkung bekannte Marienquelle. Über ihr wurde bereits 1766 eine Brunnenkapelle erbaut; der heutige achteckige Bau mit glockenförmiger Haube und Laterne stammt aus dem Jahre 1909.
Nach einem kräftigen Schluck aus der Marienquelle (der hohe Nitratgehalt kann nicht schaden) marschieren wir nach links auf der Hauptstraße Richtung Laske. Nach 0,5 km biegen wir nach rechts ab entlang des Weges am Schönwalder Flutgraben über das Feld, der uns nach 0,8 km bis zum Auenwald führt. Am Waldrand angekommen geht es nach links etwa 0,4 km bis hinein in den kleinen Ort Laske. An der Straße »Am Klosterwasser« jedoch wieder nach rechts zurück am Waldrand und dann links durch den Auenwald. Das ist der sehr alte »Lasker-Ralbitzer Kirchweg« – ein wunderschöner, stiller Weg durch eine naturnahen Raum an den Buschwindröschenwiesen vorbei und auf kleinen Brücken über die Bächlein hinweg – 0,4 km.
Nach knapp 3 Stunden erreichen wir kurz vor 12:00 die Wiesen und Felder vor dem Dorf Ralbitz. Über den Lasker Weg gehen wir die restlichen 0,5 km bis zum Ortseingang. Auf der Landstraße treffen wir dann auf sie – die Osterreiter. Waren es 300 oder 400? Egal, die verschiedensten Pferderassen, fein gestriegelt und dezent geschmückt defilierten mit ihren schwarz gekleideten Reitern mit Zylinder und Gesangsbuch bewaffnet, singend an uns vorbei. Die sorbischen Gesänge aus kräftig geölten Männerkehlen verfehlen ihre Wirkung nicht und ergreifen alle Besucher, ob gläubig oder Atheist.
Ralbitz – Kirche und Friedhof:
Der Ort Ralbitz, ein Mittelpunkt in der Ebene am Unterlauf des Klosterwassers, wird 1264 erstmals erwähnt.
Eine erste Kapelle wurde 1429 durch die Hussiten zerstört. Die heutige katholische Pfarrkirche St. Katharina stammt von 1752.
1945 vollständig ausgebrannt, war sie bereits 1948 wieder hergestellt.
In seiner Art einmalig ist der Friedhof, der durch seine weiß gestrichenen Holzkreuze mit ornamental gestalteten und vergoldeten Schmuckmotiven und größtenteils sorbischen Aufschriften einen einheitlichen Eindruck als Zeugnis sorbischer Volkskunst bietet. Deren Herstellung erfolgt
seit mehreren Generationen durch die Holzbildhauerfamilie Dürrlich in Räckelwitz-Neudörfel.
Am Ostersonntag umreiten die Osterreiter Friedhof und Kirche, um dann nach Wittichenau zu ziehen, während in Ralbitz die Reiter von dort erwartet werden, die wiederum dreimal um die Kirche reiten und dabei den Friedhof durchqueren und vom Pfarrer gesegnet werden.
Nach diesem einmaligen Erlebnis gehen wir durch den Ort die Hauptstraße entlang in Richtung Naußlitz. Die Reiter verschwinden in den Gehöften und werden wie ihre Pferde sicher gut getränkt und versorgt. Am Ortsausgang nach 0,4 km geht’s nach rechts bis zum Wegesende und dort den von rechts kommenden Weg nach links. Der macht dann einen Rechtsschwenk und wir kommen nach weiteren 0,4 km vorbei an einer kleinen Kapelle in der von einem traurigen Ereignis berichtet wird. Dort weiter über die Wiesen bis zum Klosterwasser unweit des Wehres – 0,4 km, mit dem u. a. der Wasserstand im Auenwald reguliert wird. Nun nach links geradewegs 1,2 km an dem Klosterwasser entlang bis in den Ort Zerna.
An der Hauptstraße nach rechts und wenige Meter weiter nach links zur Schmiede an der es rechts vorbei aus dem Dorf und 1,5 km wieder über Wiesen immer entlang am Klosterwasser bis nach Neudörfel geht. Weitere 1,5 km marschieren wir bis nach Räckelwitz, wo uns die ersten Störche begrüßen. Hier gehen wir vorbei am Malteserschloß und der ihm angeschlossenen kleinen Kirche über die Hornigstraße in den Denkmalsweg bis zur Weggabelung vor dem Kleinhänchener Wasser – 0,4 km. Dort links den Feldweg geradeaus weitere 1,2 km bis nach Caseritz. Links in die Dorfstraße und hinterm Dorf über die Crostwitzer Straße in einen Feldweg, der ins Tal der Trebjena führt – 1,2 km. Nun geht’s an einem See vorbei, über einen Wiesengrund bergauf bis zur Brylstraße und die links weiter bis zur Crostwitzer Straße – 1 km. Nach links folgen wir der Straße und nach wenigen Metern geht’s rechts in den Kunigundenberg hinauf bis zum Parkplatz – 0,5 km, dem Ausgangspunkt einer wunderbaren österlichen ca. 20 km langen Rundtour.