Leserbrief: Aufforderung zur »Diskursethik«

Leserbrief von Dr. Christian Starke zum Interview mit Susanne Dagen im ELBHANG KURIER Mai 2017.


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Mit Verwunderung und einigem Unverständnis las ich im Elbhangkurier 5/2017 das Interview mit Susanne Dagen vom BuchHaus Loschwitz. Den Versuch, in die Hintergründe einzusteigen, ließ ich bald fallen, weil mir etwas anderes klar wurde: Wichtiger ist die Frage, wie Menschen mit Meinungen umgehen, die ihnen nicht gefallen.

Wenn wir die Meinungsfreiheit als hohes Gut akzeptieren, und daran besteht in der Bundesrepublik Deutschland kein Zweifel, dann müssen wir souverän genug sein, Meinungen zu ertragen, die von der eigenen Meinung abweichen.

Möglichkeiten, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen, gibt es viele. Der Boykott einer Buchhandlung, die seit Jahren ihre Qualität mit einem vielfältigen Sortiment, mit einer gediegenen buchhändlerischen Beratung der Kunden und mit vielen kulturellen Aktivitäten unter Beweis gestellt hat, gehört mit Sicherheit nicht dazu.

Eine Demokratie lebt nicht nur von freien Wahlen, sondern auch von einem lebendigen Diskurs. Der unlängst verstorbene Philosoph Karl-Otto Apel prägte den Begriff der „Diskursethik“. Dazu gehört auch, dass man sich nicht nur darauf bezieht, was kolportiert und »so erzählt«, vielleicht sogar intrigiert wird, sondern sich mit Realitäten auseinandersetzt.

Die PEGIDA-Bewegung, die von mir abgelehnt wird, ist auch entstanden, weil den Menschen durch eine vermeintliche Alternativlosigkeit und eine gedankenlose Political correctness der Diskurs verweigert wurde; zumindest ist bei vielen Menschen dieser Eindruck entstanden.

Ich jedenfalls möchte auch in Zukunft das BuchHaus Loschwitz frohgemut betreten und bereichert verlassen, und die Bereicherung wird sich nicht nur auf das gekaufte Buch beziehen.

Dresden, am 18. Mai 2017
Dr. Christian Starke, Dresden


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